Unsere schweizer Nachbarn haben sich in einer Volksabstimmung mit knapper Mehrheit dafür entschieden, die Zuwanderung von Ausländern in die Schweiz zu begrenzen. Das hat in der Europäischen Union ziemlich viel Empörung ausgelöst. Den Schweizern wird nun Abschottung, Rechtspopulismus und Ausländerfeindlichkeit vorgeworfen. Doch bei näherer Betrachtung gehen diese Vorwürfe ins Leere und entpuppen sich zum Teil sogar als Heuchelei. Sicher, die Schweizer Volkspartei SVP, die die Befragung initiiert hatte, steht eher rechts. Aber es ging nicht um Aussagen wie "keine Ausländer mehr in die Schweiz" oder gar "Ausländer raus", sondern um eine Begrenzung des Zuzugs. Die Schweiz hat derzeit etwa 80000 Zuwander netto pro Jahr, bei gut 8 Millionen Einwohnern. Auf Deutschland übertragen wären das ungefähr zehnmal so viele. In zehn Jahren also 8 Millionen. Man stelle sich den Aufschrei bei uns einmal vor! Nur hatten wir 2013 unterm Strich sogar eine leichte Abwanderung zu verzeichnen, da ist es leicht, offenere Grenzen zu verlangen.

Die Schweiz hat mit der EU ein Abkommen über Zuwanderung geschlossen. In wieweit das von einer neuen Regelung, die noch gar nicht ausgearbeitet ist, betroffen wäre, bleibt abzuwarten und eventuell zu verhandeln. Auf jeden Fall wirft es ein denkbar schlechtes Licht auf das EU-Parlament, wenn man nun Sanktionen für eine demokratische Entscheidung androht, nur weil das Ergebnis nicht gefällt. Das kennen wir sonst nur aus Dikaturen.

Der Anteil der Ausländer an den Bewohnern der Schweiz beträgt gut 23%, in Deutschland sind es rund 8%. Kann man da die Schweizer nicht auch ein wenig verstehen? Auch Deutschland hat strenge Regeln für Zuwanderer, nur EU-Bürger genießen Freizügigkeit. Alle anderen müssen sich harten Prüfungen unterziehen. Wir versuchen, bestimmte Gruppen von Ausländern fernzuhalten, Frankreich bot gewissen ethnischen Gruppen Auswanderungsprämien an. In anderen Ländern wie den USA, Kanada, Australien, Neuseeland, alles beliebte Auswanderungsziele der Deutschen, gibt es seit Jahrzehnten Begrenzungen, Reglementierungen und Bedingungen für die Einwanderung. Niemand regt sich darüber auf. Die Empörung über die Schweizer ist einfach verlogen. Haben bei uns nicht auch Politiker - und nicht nur ganz Rechte - verlangt, die EU-Grenzen dichtzumachen? Wir fordern, dass die Schweiz weiterhin unbegrenzte Zuwanderung erlauben soll, und tun uns doch selbst schwer, ein paar tausend Kriegsflüchtlinge aufzunehmen. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!