Imagine there's no heaven
It's easy if you try
No hell below us
Above us only sky ...

So textete John Lennon 1971.  Zu deutsch etwa:

Stell dir vor, es gibt kein Himmelreich
Es ist einfach, wenn du es versuchst
Keine Hölle unter uns
Über uns nur Firmament

Und weiter geht es sinngemäß:

Stell dir vor, es gibt keine Länder
Es ist nicht schwierig, das zu tun
Nichts, wofür man töten oder sterben sollte
Und auch keine Religion

Stell dir vor, es gibt keinen Besitz
Ich frage mich, ob du es kannst
Keinen Grund für Habgier und Hunger
Die Menschheit eine Bruderschaft

In diesem Lied formuliert John Lennon nicht nur seine Vision einer Welt, in der alle Menschen in Frieden und Freiheit leben und die er für möglich hält. Er benennt zudem drei wesentliche Ursachen für Unzufriedenheit, Arnut, Terrorismus und Kriege: Nationalismus, Religionen und Habgier. Der Song ist heute so aktuell wie selten zuvor. Armut, Hunger, Unterdrückung, Kriege sind nicht ausgerottet, Terrorismus breitet sich aus. Ist eine friedliche Welt dennoch erreichbar? Lennons Antwort lautet "Du magst sagen, ich sei ein Träumer, aber ich bin nicht der Einzige. Ich hoffe eines Tages schließt du dich s uns an, und die Welt wird vereint leben."
Vorstellungen eines naiven "Gutmenschen"? Nein, keineswegs. Vor kurzem sah ich eine Reportage über ein größeres Kreuzfahrtschiff. Der Personalchef sprach von seiner internationalen Besatzung stolz als ein lebendiges Beispiel für gelungene Völkerverständigung und Integration. Die Crew vertritt über 30 Nationen und alle wesentlichen Religionen. Trotzdem können alle friedlich miteinander leben und arbeiten. Das zeigt uns: Es geht. Denn Menschen sind nicht von Natur aus schlecht oder rassistisch. Es sind ihre Regierungen, Fundamentalisten und Hass-Prediger, die sie schlecht machen.

Man muss sicher nicht gleich allen Besitz abschaffen. Ein friedliches Miteinander bedingt u. a., dass die verschiedenen Kulturen einander achten und respektieren. Keine darf annehmen, dass sie anderen überlegen wäre oder über die einzig richtige Weltanschauung verfügt. Doch während Menschen eines Kulturkreises sich mit Verzweiflungstaten gegen eine andere Kultur zu wehren versuchen, von der sie sich erdrückt und unterdrückt fühlen oder gegen Konzerne, die ihre Bodenschätze ausbeuten ohne die eigentlichen Besitzer teilhaben zu lassen, verkündet Kanzlerin Merkel ungerührt, dass wir "unsere Werte weiter in die Welt tragen müssen". Es ist diese Überheblichkeit, in diesem Fall des Abendlandes, anderen zu erklären, wie sie leben sollen, die am Ende Feinde schafft. Und was sind denn unsere "Werte"? Wirtschaftswachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Profit. Zunehmender Egoismus auf dem Weg zu noch mehr Besitz auf Kosten anderer.

Was ist mit den Religionen? Wie viel Leid haben die vorgeblichen Spender von Trost und Seelenheil schon gebracht? Wie viele Morde wurden "im Auftrag eines Gottes" schon begangen, nur weil jemand an etwas anderes glaubte? Trotz aller Aufklärung ist die Menschheit hier noch nicht weit entwickelt. Religionen basieren auf Glauben, aber eben nicht auf Wissen. Keine Religion dieser Welt, wie alt oder verbreitet sie auch sei, kann einen ernst zu nehmenden Beweis für ihre Richtigkeit liefern. Deshalb kann keine Religion für sich in Anspruch nehmen, die einzig wahre und erlaubte zu sein. Das gilt übrigens auch für die Atheisten, die ebenfalls nur glauben können, dass es keine Götter gibt, weshalb es keine "Ungläubigen", sondern nur Andersgläubige gibt. Da ein Glaube aus einer inneren Überzeugung von etwas entspringt, ist es auch sinnlos, ihn mit Gewalt verbreiten und auf andere übertragen zu wollen. Wir müssen die Religionen nicht gleich abschaffen, aber wir müssen Religion und Staat streng getrennt halten und jedem erlauben, das zu glauben, was ihm gefällt. Dabei darf niemand das Recht haben oder ableiten wollen, Andersdenkende durch seinen Glauben einschränken zu dürfen.

Ist eine Welt ohne Länder, also ohne Grenzen, möglich? In Zeiten eines zunehmenden Nationalismus scheint das fast utopisch zu sein. Und doch waren wir in Europa kurz davor. Die Jugendlichen von heute sind in einem größtenteils grenzenlosen Europa aufgewachsen. Für sie ist es selbstverständlich, ohne Einschränkungen reisen oder im Ausland studieren zu können oder in verschiedenen Ländern Freunde zu haben. Wenn es keine Länder mehr gibt, dann gibt es prinzipiell auch keine Gründe mehr, Kriege zu führen. So gesehen wäre eine Weltregierung anstelle vieler nationaler Regierungen eine gute Lösung. Wenn die welt allen gleichermaßen gehört und die Einkommen gerechter verteilt werden, gibt es keinen Grund mehr für Streitigkeiten und Hass. Doch das wird wohl zumindest für eine längere Zeit ein Traum bleiben. Das umzusetzen würde ein paar generationen dauern und solange Regierungen und Wirtschaftsbosse Macht- und Profitstreben zur allgemeinen Religion erheben, wird sich die Welt nicht verbessern. Wir würden etwas abgeben müssen, doch es würde sich lohnen.

Aber es ist nicht unmöglich, das zu erreichen. Es müssen nur genügend Menschen mitmachen und die Angst vor einer neuen Welt überwinden. Ich kann es mir vorstellen.