Der Diesel-Skandal hat den Diesel als Antriebsquelle für Autos aller Art in Verruf gebracht und den Verbrennungsmotor insgesamt infrage gestellt. Trotzdem will die Bundesregirung an dieser Technik auf unbestimmte Zeit festhalten. Nach einer Ankündigung, alternative Antriebe stärker fördern zu wollen und etwas gespielter Empörung über die Autoindustrie ("Ich bin stocksauer") ruderte Kanzlerin Merkel allerdings schnell zurück und erklärte den Verbrennungsmotor zur "Brückentechnologie". Diese werde uns noch viele Jahre, vielleicht Jahrzehnte, erhalten bleiben.

Eine rund 140 Jahre alte Technologie als "Brückentechnologie" zu bezeichnen, ist befremdlich. Eine Brücke soll etwas verbinden, sie muss ein Ziel haben und irgendwo hinführen. Wo diese Brücke enden soll, bleibt unklar. Die Äußerungen der Kanzlerin lassen vermuten, dass sie keinen Plan für unsere automobile Zukunft hat - und die Autoindustrie ebenso wenig. Das Ziel von 2008, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen rollen zu sehen, ist inzwischen utopisch. Derzeit sind etwa 40000 "Stromer" zugelassen und an einen Aufbau einer einheitlichen Lade-Infrastruktur denkt niemand ernsthaft. Andere Länder denken da anders und haben sich teilweise schon konkrete Ziele gesetzt, bis wann der Verbrennungsmotor abgelöst werden soll. In Deutschland gibt es keine Pläne dazu, statt dessen verweisen Regierung und Industrie darauf, dass man schließlich Arbeitsplätze und Wettbewerbsfähigkeit erhalten müsse. Und die schönen Profite der Autobauer natürlich. Dafür müssen Gesundheit und Zukunftsfähigkeit eben zurückstehen. Doch nun hat ausgerechnet China, der wichtigste ausländische Absatzmarkt der deutschen Autobauer, angekündigt, dass man an einer Strategie zum Ausstieg aus der Verbrennertechnik arbeite. Die deutsche Industrie droht hier einen Technologiewechsel zu verschlafen. Das Geschäft werden dann wohl Chinesen, Japaner und Koreaner machen. Ein Schlüssel zur E-Mobilität ist die Batterietechnik. In Deutschland wird jedoch kaum daran geforscht, einen nennenswerten Hersteller gibt es nicht mehr. Merkels Brücke droht ins Nichts zu führen. Ob Arbeitsplätze verloren gehen, weil Elektromotoren weniger Teile und Handgriffe benötigen oder weil wir in absehbarer Zeit kaum noch Autos bauen, läuft auf dasselbe hinaus. Wir müssen neue Arbeitsplätze an anderer Stelle schaffen.

Den Ausdruck "Brückentechnologie" verwendete Angela Merkel auch 2010 für die Kernenergie, als es darum ging, der Öffentlichkeit die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke schmackhaft zu machen. Die Katastrophe von Fukushima bewog Merkel dann doch, diese Brücke wieder abzureißen und auf andere Energiequellen zu setzen. Allerdings haben wir dafür nun mehr alte Kohlekraft als neue "Brücke". Was muss geschehen, damit die Brückentechnologien Verbrennungsmotor und Kohlekraftwerke nicht erst in Jahrzehnten, sondern möglichst bald ersetzt werden?

Es ist gut. Brücken zu bauen, um Getrenntes zu verbinden oder neue Ufer zu erreichen. Man sollte sich aber darüber im Klaren sein, worauf die Pfeiler stehen und wo die Brücke hinführen soll. Der jetzigen Bundesregierung und leider auch großen Teilen der Industrie fehlen solche Visionen. Merkels Brücken führen nach Nirgendwo. Sie dienen dazu, zu verschleiern, dass große Konzerne gerne noch eine Weile ohne große Investitionen mit abgeschriebenen Anlagen gute Gewinne machen möchten.