2. Die Entstehung des Klosters

Über die Anfänge des Klosters ist kaum etwas bekannt. Als einer der wenigen Zeitzeugen berichtet berichtet Propst Sido aus Neumünster in knappen Worten (frei übersetzt): „Zur Zeit des Kaisers Friedrich I. wurden vom Grafen Adolph Mönche des Zisterzienser-Ordens aus Loccum ins Bistum Lübeck eingeladen. Sie sind gekommen und haben sich in der Wildnis zwischen Lübeck und Oldesloe in der Nähe der Trave niedergelassen, an dem Ort, wo der Bach Cuserin (Heilsau) in die Trave fließt. An diesem Ort haben sie die hölzerne Kirche errichtet, die der Herr Bischof Thidericus zu Ehren der seligen Märtyrerin Agnes geweiht hat, und dem Ort den Namen Reinevelde gegeben.“ (2)

Nun ging dieser Voraustrupp daran, am Ufer der Heilsau ein Stück Land trockenzulegen und urbar zu machen, auf dem anschließend die endgültige Klosteranlage entstehen sollte. Zwar sollten die Mönche gemäß der Ordensregel nicht in Städten, Burgen und Dörfern, sondern fern von Menschen an vom Ver­kehr unberührten Orten siedeln. Dennoch können wir davon ausgehen, dass sie bei ihrer Arbeit zum ei­nen von Laienbrüdern, den Konversen, und zum anderen von Arbeitern von Höfen und Dörfern in der Umgebung unterstützt wurden. Die Zisterzienser wurden bis zu sieben Mal am Tag zum Gebet geru­fen, so dass sie sich nicht allzu weit von ihrer Kirche entfernen und auch nicht pausenlos arbeiten konn­ten, sie waren auf fremde Hilfe angewiesen. Die Arbeiten nahmen mehrere Jahre in Anspruch. Riesige Mengen Baumaterial mussten mühselig herangeschafft werden. Die Ziegel für die Mauern wurden in einer eigenen Ziegelei gebrannt. Wie wir noch sehen werden, hatte die Lage an der heutigen Kloster­straße / Ecke Heimstättenstraße einen besonderen Vorteil, den sich die Mönche bald zunutze machten.

 

Das Gründungsjahr 1186 ist in mehreren Chroniken vermerkt. So heißt es in der Rostockischen Chronik "Da man schref MCLXXXVI, da ward Reinfeld begrepen van Mönken". Der "Franciscaner Lesemeister Detmar", der Ende des 14. Jahrhunderts in Lübeck die Ereignisse im heutigen Nordelbingen dokumen­tierte und ältere Urkunden seit 1100 sammelte, bemerkt dazu kurz und knapp "In deme iare cristi MCLXXXVI do wart in deme biscopdome to lubeke stichtet dat closter to reynevelde, dat warde buwet int vifte iar; do wart de convent van grawen moneken dar vorgadderet." Drei Jahre später wurde das dem Kloster zuerkannte Land festgelegt. Der Name taucht in verschie­denen Urkunden und Texten in unter­schiedlicher Schreibweise auf, "Reynevelde" wird jedoch schon in den Gründungsurkunden genannt und zumindest innerhalb des Klosters in verschiedenen Schriften bis zum Ende beibe­halten. Wann der Über­gang zum heutigen "Reinfeld" stattfand, ist nicht ganz klar. (3)

Das Klosterverzeichnis der Zisterzienser führt das Kloster unter "Reynevelde in Reinfeld" und unter dem lateini­schen Namen "Purus Campus" mit dem Status einer Abtei. Als Gründungsjahr wird dort allerdings 1188 genannt und 1190 als Jahr der Einweihung. Vermutlich wurden 1188 die Arbeiten an den eigentlichen, steinernen Gebäuden begonnen. 1190 nahm der Konvent die ersten Gebäude gewissermaßen in Besitz. (4)

Es werden insgesamt vier Stiftungsurkunden erwähnt, drei gräfliche und eine kaiserliche. Dazu gibt es Hinweise auf eine fünfte Urkunde, mit der der Lübecker Bischof das Kloster anerkannt hatte. Über deren Inhalt ist jedoch nichts bekannt. Die kaiserliche Urkunde wurde von Friedrich l. Barbarossa in der dama­ligen Reichshauptstadt Regensburg am 10. Mai 1189 besiegelt und gilt als verschollen. Sie bestätigt im Wesentlichen dem Grafen Adolf III. von Wagrien, Holstein und Stormarn, dass er das Land zwischen Lübeck und Oldesloe einem Kloster zur Verfügung stellen darf. Da der Graf das Land als Lehen verwal­tete, war die kaiserliche Zustimmung erforderlich.

Die anderen Urkunden wurden von Graf Adolf und verschiedenen Zeugen ebenfalls 1189 unterzeichnet und legen die Grenzen des Klostergebiets sowie einige Privilegien fest. Zwei Urkunden, darunter die einzige noch erhaltene, sind allerdings mit großer Wahrscheinlichkeit Fälschungen, die erst im frühen bzw. im späten 14. Jahrhundert angefertigt wurden. Vermutlich sollten damit ursprünglich nicht vorhan­dene Ansprüche und Privilegien des Klosters nachträglich legitimiert werden. Die Texte der verscholle­nen Urkunden sind nur aus Abschriften bekannt. (5)

 

Der Ursprung des Namens Reynevelde oder Reinfeld ist nicht eindeutig geklärt. Eine These besagt, dass er an ein Mutterkloster am Rhein erinnert. Das ist sicher nicht richtig, denn ein solches gab es nicht. Die Idee, der Name könnte auf die Schutzpatroninnen Agnes und Maria zurückgehen, die auch für Reinheit und Keuschheit stehen, ist weniger wahrscheinlich, ebenso die Theorie, der erste Teil käme von "Rain", also Rand oder Grenze ("Grenzfeld"). Eine weitere Erklärung ist, dass das „reine Feld“ andeuten soll, dass diese Gegend schon relativ sauber und gut zu bearbeiten war, frei von hinderlichen Mooren, Dornen und Gestrüpp. Orte mit der Endung „-feld“ gab es mehrere in der Umgebung und so könnte „Rein“ auch dazu gedient haben, den neuen Ort von den umgebenden, unreinen (weil slawischen Ursprungs) Siedlungen abzuheben. Der lateinische Klostername "purus campus" wurde wohl direkt aus dem deutschen Namen übersetzt.. "Purus" bedeutet rein, frei und "campus" steht für Feld, Ebene, Gegend. Der Name "purus campus" fin­det sich in Klosterverzeichnissen des Zisterzienser-Ordens, während ein Ort "Reynevelt" oder „Reinevelde“ auch im lateinischen Text der Urkunden genannt wird und somit als das Original gelten kann. (6)
 
Der Verlauf der Grenzen des Klostergebiets ist nicht eindeutig nachvollziehbar, die Beschreibung ist stellenweise ungenau und im Laufe der Jahrhunderte haben sich Namen und Verläufe von Bächen geän­dert. Sicher ist, dass die Trave die südliche Grenze bildete. Der Verlauf folgt dem Fluss von Wesenberg an aufwärts bis zur Mündung des Baches "Cnegena". Damit könnte die heutige Schoraatsbek gemeint sein, die bei Steinfeld entspringt und am Kneeden in die Trave fließt. An diesem Bach geht die Grenze nach Norden bis zum Flüsschen "Bisneze", das die Nordgrenze bildete. Die Bißnitz fließt von Altenwei­de südlich an Rehhorst vorbei. Die Grenze soll dem weiteren Lauf bis zur Mündung des Baches bei Mit­walde folgen. Die Bißnitz mündet allerdings in den Wardersee, der zu weit weg erscheint. Mitwalde wird gelegentlich mit Meddewade übersetzt, was aber ebenfalls keinen Sinn ergibt, da es westlich von Wesenberg liegt. In der Urkunde Barbarossas wird dagegen ein Ort „Schede“ als nordöstlicher Eckpunkt genannt, der aber heute nicht mehr zu lokalisieren ist. Der lateinische Ausdruck „termium“ bedeutet auch „Grenzstein“. Es ist daher denkbar, dass es sich hier um einen bekannten Grenzpunkt im Dreieck zwischen Zarpen, Heilshoop und Badendorf handelte und die Klostergrenze von dort an der Grenze zwi­schen Wagrien und der inzwischen freien Stadt Lübeck in Richtung Wesenberg verlief.

Ob der Ort Mönkhagen, frei übersetzt "eingezäunte Mönchssiedlung", ebenfalls zum Bereich des Klosters gehörte, ist nicht geklärt. Rehhorst gehörte anfangs nicht dazu.

 

Grundbesitz Kloster Reinfeld

 

Im November 1190 war die provisorische Anlage soweit fertiggestellt, dass mit dem ersten Abt Hartmannus, zwölf Mönchen und ebenso vielen Laienbrüdern ein Konvent einziehen konnte, um den regulären Betrieb des Klosters aufzunehmen. Die endgültige Anlage mit ihren steinernen Gebäuden, den Gärten und der großen Kirche wurde erst 1237 vollendet und durch den Lübecker Bischof Johannes geweiht. Die Schutzpatronin des Klosters war, wie bei vie­len Zisterzienser-Klöstern, die heilige Jungfrau Maria.

 

Wie mag nun das Klostergelände ausgesehen haben? Baupläne oder Zeichnungen des unbekannten Baumeisters sind leider nicht erhalten geblieben. Da aber die Zisterzienser ihre Kirchen alle im selben Stil errichteten und einzelne Steine und Fliesen gefunden wurden, lassen sich recht genaue Vermutungen über die Form anstellen. Sie dürfte der noch heute bestehenden Klosterkirche des Mutterklosters Loccum sehr ähnlich gewesen sein, so dass wir uns ihr Aussehen gut vorstellen können. Die Kirche hatte einen langen, nach Osten gestreckten Grundriss mit einem zum Herrenteich hin geraden Chorabschluss. Ein steinerner Glockenturm galt als unnötig
und war sogar verboten. So hat auch die hiesige Klosterkirche auf dem Schnittpunkt von Längs- und Querschiff nur einen hölzernen Dachreiter mit einer GloKlosterkirche Reyneveldecke getragen. Mit Sicherheit war der Bau durch feine Ornamente nach Pflanzenmotiven verziert und besaß einen Fußboden, dessen glasierte Fliesen mit Einlegearbeiten versehen waren. Das Modell im Heimatmuseum vermittelt einen Eindruck davon, welche bauliche Meisterleistung hier vollbracht worden war. Die Klosteranlage erstreckte sich über das Gebiet zwischen Claudiusstraße, Schulteich, Müllerwiese und den Hellern. Neuere Funde, die bei Tiefbauarbeiten gemacht wurden, zeigen inzwischen, dass die Klosteranlage tatsächlich etwas anders ausgesehen hat.

 

 

 

 

 

 

 

 

Alte Klostermauer Reinfeld

Damit sich die Fratres ganz auf ihre geistliche Arbeit konzentrieren konnten, wurden die Klostergebäude, wie es damals üblich war, durch eine große Mauer von der Außenwelt abgeschirmt. Der Kontakt nach draußen wurde durch die Konversen aufrecht erhalten. Ein kleiner Teil der Mauer blieb an der Steinhöfer Straße erhalten. Die Klostermauer wurde 1966 unter Denkmalschutz gestellt, musste aber 1973 wegen Einsturzgefahr abgerissen und im alten Stil neu errichtet werden. Der Schulteich oder Hausgraben ist wahrscheinlich erst sehr viel später angelegt worden.

 

 

 

 

Die Regeln des Ordens verboten den Mönchen den Genuss von Fleisch. Fisch war ihnen jedoch erlaubt und so legten sie im Laufe der Jahre zahlreiche Teiche für die Fischzucht an, indem sie Bäche aufstauten. Dafür bot sich besonders das kleine Tal neben dem Kloster an, das wir heute als Herrenteich kennen. Trotzdem waren umfangreiche Erdarbeiten notwendig, die von den wenigen Klosterbrüdern (1313 wurden 24 Bewohner registriert) in mühevoller Handarbeit zu bewältigen waren. Das Aufschütten der Dämme von Schulteich, Herrenteich und Neuhöfer Teich mag rund 20000 m³ Boden erfordert haben. Dieser wurde durch Ausschachtungen der Zuchtteiche (Hellern) und des unteren Neuhöfer Teiches gewonnen und zum Staudamm geschafft, auf dem heute der untere Abschnitt der Matthias-Claudius-Straße verläuft. In der Blütezeit des Klosters sollen es rund um Reinfeld 40 - 60 Teiche gewesen sein, die überwiegend mit Edelfischen und Spiegelkarpfen besetzt waren. An einige erinnern noch Straßen- oder Ortsnamen wie Bischofsteicher Weg und Mönchteich zwischen Reinfeld und Bühnsdorf. Der Name "Herrenteich" ist wahrscheinlich im Volksmund aufgekommen. Viele Mönche waren edler Abstammung und wurden daher als "Herren" bezeichnet. So schufen die Mönche im Laufe der Jahre eine neue Landschaft mit blitzenden Teichen, die bis heute charakteristisch ist und immer wieder Ausflügler anzieht. Schon 1850 konnte man in einem frühen „Reiseführer“ lesen: „Reinfeld, […], ist an dem Ausflusse der Heilsau aus dem Herrenteich in der Nähe der Chaussee von Oldesloe nach Lübeck höchst malerisch gelegen“.