Krisenstimmung bei der CSU kurz vor der Landtagswahl: Es wollen nicht mehr alle Bayern die CSU wählen. Wie kann das sein, im schönen Bayernland, der Vorstufe zum Paradies? Ministerpräsident Markus Söder betont, wie gut es der Wirtschaft und dem Freistaat gehe, und trotzdem keine absolute Mehrheit mehr?

Gewiss, es gibt viele Dinge, in denen Bayern führend oder wenigstens ganz vorne mit dabei ist: Wirstschaftslage, Steuereinnahmen, Schulbildung, Einkommen, Beschäftigung, High-Tech-Branchen. Aber es gibt andere Bereiche, in denen Bayern ebenfalls Spitzenplätze belegt, über die die CSU aber nicht so gerne spricht: Lebensmittelskandale, Spezlwirtschaft, Zahl der Privatschulen, Mietpreise, Lebenshaltungskosten Flächenverbrauch, Risiko für Altersarmut.

Die CSU wirbt damit, die Heimat erhalten und schützen zu wollen, dennoch werden riesige Flächen für neue, oft überflüssige, Gewerbegebiete geopfert, wenn Investoren danach fragen. Die schönen, grünen Almen werden von immer mehr Skipisten und Liften zerschnitten, die glücklichen Kühe gibt es kaum noch. Viele bayerische Kinder sehen richtige Kühe zum ersten Mal, wenn sie in den Ferien an die Nord- oder Ostssee kommen, dort laufen noch welche auf den Wiesen herum (kleiner Tipp: Da sind sie nicht braun oder lila, sondern meistens schwarz-weiß-gefleckt).

In vielen vergessenen Stadtteilen und ländlichen Regionen geht es den Menschen lange nicht so gut, wie es die CSU gleuben möchte. Sie haben andere Sorgen als neue Weltraumprogramme und Hetze gegen Ausländer. Sie haben längst erkannt, dass nicht Migranten, sondern die Politiker das eigentliche Problem sind. Doch die kümmern sich lieber um die Wohlhabenden und die Unternehmen. Söder hat vor wenigen Jahren noch rund 30000 Sozialwohnungen an einen Investor verkauft. Da hilft es wenig, wenn er nun scheinbar großzügig ein Wohnungsbauprogramm ankündigt. Man glaubt ihm nicht mehr. Auch seine Profilierungsversuche und den Rachefeldzug des irrlichternden Parteichefs Seehofer mag niemand mehr ertragen. Der eine denkt nur noch an Abschiebungen, der andere an Geld und Macht. Beide haben den einfachen, normalen Bürger und dessen Befindlichkeiten aus den Augen verloren und die Bürger sehen ihrerseits nicht mehr, warum sie die CSU wählen sollten. Nicht die Migrationsfrage ist die Mutter aller Probleme, auch nicht die Migranten aus anderen Bundesländern, die nicht gewohnt sind, CSU zu wählen, sondern es sind die Spitzenpolitiker einer Partei, die den Bezug zur Basis verloren hat. Mit dem scharfen Rechtsruck und der Konzentration auf ein Thema hat die Partei, die nach dem "C" und dem "S" nun dabei ist, auch noch das "U" aufzugeben, die wirkliche Mitte der Gesellschaft verloren. Wer rechts denkt, wählt das Original, wer anders denkt, wählt andere Parteien. Der Normalbayer gat längst verstanden: Auch wenn alle Ausländern abgeschoben sind und jeder Platz mit Kameras überwacht wird, werden ihre Sorgen und Probleme noch immer da sein und die Partei hat dafür keine echten Lösungen anzubieten. Leider fehlt es in der Partei dazu bisher an Einsicht oder am Mut zu einem Kurswechsel.