Innenminister de Maizière wird nicht müde, vor der Gefahr des islamistischen Terrorismus zu warnen und zu erklären, dass wir deshalb mehr Datensammlungen benötigen. Rechts-konservative Autoren haben dagegen die Terroristen an anderer Stelle ausgemacht: bei Linken, Grünen, Tier- und Umweltschützern. So bezeichnete Focus-Herausgeber Helmut Markwort sie indirekt als "grünlackierte Faschisten" (hier ein Beitrag dazu), im Netz werden sie gerne als "Öko-Terroristen" beschimpft und kürzlich stellte Spiegel-Kolumnist Jan Fleischhauer (SPON, 31/2015, "Sind Vegetarier die besseren Menschen?") Tierschützer und Vegetarier als potenzielle Nazis dar (Hitler war Vegetarier). Ein zweifelhafter Vergleich, Vermutlich soll damit gesagt werden, dass Vegetarier, Tierschützer und Biokost-Anhänger nicht zwangsläufig wirklich gute Menschen sein müssen. Es kann aber auch anders verstanden werden. Etwas Fremdenhass ist okay, wenn man kein Veganer ist, so die subtile Botschaft, die die Verhältnisse auf den Kopf stellt.

Terrorismus bedeutet, Herrschaft durch Gewalt und Verbreitung von Angst und Schrecken auszuüben. Nun ist kein Fall bekannt, in dem Grüne einen Veggie-Day mit Waffengewalt durchgesetzt (für Katholiken sollte es ohnehin einen fleischlosen Tag geben, aber daran hält sich kaum jemand) oder Vegetarier einen Schnitzel-Fan zum Verzehr von Salat gezwungen hätten. Ohnehin haben diese politischen Gruppierungen derzeit so gut wie keine Macht mehr. Die Vorwürfe sind also dumm bis absurd. Warum beschäftigen sich dann rechts-konservative Autoren und Medien so intensiv mit ihnen und versuchen den Eindruck zu erwecken, Grüne, Umweltschützer und Linke stünden in Wirklichkeit noch weiter rechts als sie selber?

Es ist ein Ablenkungsmanöver, eine Nebelkerze, die den wahren Zustand unseres Landes verschleiern soll. Die wahren Terroristen sind längs da, mitten unter uns, und sie verüben fast täglich Anschläge. Nicht gegen uns Deutsche, sondern gegen Ausländer, Asylbewerber, Andersdenkende, bestimmte religiöse Gruppierungen. Es sind überzeugte Rechtsradikale und verwirrte Mitläufer, die andere Menschen bedrohen, weil sie anders sind oder denken, die zu Gewalt und sogar Mord gegen Ausländer aufrufen. Sie bejubeln Brandanschläge auf Asylbewerberheime. Sie beherrschen ganze Ortschaften und zwingen Bürgermeister zum Rücktritt. DAS ist Terrorismus. Es traut sich nur kaum jemand, das so auszusprechen. Unsere Politiker sind bestenfalls entsetzt, bleiben aber tatenlos. In den rechteren Medien wird kaum darüber berichtet, und wenn, dann spricht man verharmlosend von "Asyl-Gegnern" statt von Ausländerfeinden oder Rassisten. So kann sich die braunen Gesinnung, nicht nur in Deutschland, ungehindert weiter ausbreiten. Bundeskanzlerin Angela Merkel äußert sich nicht zu den Anschlägen und unternimmt nichts. Und 70% der Deutschen sind mit ihrer "Arbeit" zufrieden...

Die bekennenden Grünen- und Linken-Hasser tolerieren diese Entwicklung nicht nur, sie unterstützen sie sogar indirekt, indem sie harmlose gesellschaftliche Gruppen zu Terroristen oder Neo-Nazis erklären und damit von der wahren Gefahr ablenken. So etwas gab es schon einmal, in der Weimarer Republik. Die linken Parteien schwächten sich gegenseitig, die Konservativen ließen die Rechtsradikalen gewähren, damit die mit ihren Schlägertrupps die ungeliebten Linken vertreiben sollten. Danach wollten man sich der Rechten wieder entledigen und ein sauberes, konservatives Reich beherrschen. Wie wir aus den Geschichtsbüchern wissen, lief die Sache aus dem Ruder. Die Rechten wurden zu stark und übernahmen selber die Kontrolle, das Zentrum machte mit.

In gewisser Weise ist die Zunahme des Rechts-Terrorismus ein hausgemachtes Problem. Indem bestimmte Völker- oder Religionsgruppen ständig als potenzielle Attentäter und Bedrohung dargestellt werden, werden in der Bevölkerung Angst und schließlich Hass geschürt. Unzufriedenheit, mit was auch immer, wird auf eine Zielgruppe projiziert, die an allem Schuld sein soll - wie einst die Sozialisten oder Juden.

Während einer Diskussion über die AfD sagte mir eine Bekannte einmal, dass wir uns über diese keine Sorgen machen müssten. Geschichte würde sich nicht wiederholen, weil wir ja aus ihr gelernt hätten. Ich meine, dass wir glauben, aus der Geschichte gelernt zu haben und nun einige der Fehler von damals vermeiden könnten. Das könnte sich als Irrtum erweisen. Geschichte kann sich wiederholen. Wenn wir weiterhin vor dem wirklichen Terror die Augen verschließen und wenn unsere Regierung weiterhin so untätig bleibt, stehen Deutschland schwere Zeiten bevor.