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Titel Chronik

 

Die Reynevelder Chronik

Von Reynevelde nach Reinfeld - Ein Spaziergang durch die Reinfelder Geschichte

3., überarbeitete Fassung, 2009 - 2018, letzte Aktualisierungen und Ergänzungen Oktober 2018
 
 

Vorwort

Die Geschichte der Karpfenstadt Reinfeld unterscheidet sich ein wenig von der vieler anderer Städte. 1186 begannen Mönche des Zisterzienser-Ordens, in der noch unberührten Wildnis an der unteren Heilsau ein Kloster zu errichten. Es bekam den Namen "Reynevelde" und entwickelte sich schon bald zu einem der mächtigsten Klöster im norddeutschen Raum. Nach dem Siegeszug der Reformation wurde es abgerissen und Plöner Herzöge bauten sich an seiner Stelle ein kleines Schloss. Heute steht dort die "Alte Schule", eine Erinnerung an die dänische Verwaltung. Daran angrenzend entwickelte sich allmählich eine Siedlung, die von anfangs ein paar Dutzend auf heute fast 10000 Einwohner angewachsen ist.
Die von den Mönchen angelegten Fischteiche prägen bis heute das Reinfelder Stadtbild, vieles andere hat sich immer wieder verändert. Die nun gut acht Jahrhunderte lange interessante Geschichte der Stadt erzähle ich auf diesen Seiten in komprimierter Form.
 
„Die Reynevelder Chronik", ein Überblick über die Geschichte der Karpfenstadt Reinfeld, habe ich zunächst für die Werbe- und Informationszeitung „Reinfeld Aktuell" zum damaligen 800-jährigen Jubiläum der Stadt geschrieben. Sie erschien in den Jahren 1985-1986 in mehreren Folgen. Fast 25 Jahre später habe ich das Manuskript „wiederentdeckt" und angefangen, es vollständig zu überarbeiten und in eine moderne und internettaugliche Fassung zu bringen. Bei dieser Gelegenheit habe ich einiges erweitert, was damals dem chronischen Platzmangel einer Zeitung zum Opfer fiel, ein paar Fehler korrigiert sowie neue Erkenntnisse und Informationen eingearbeitet.
So konnte die 2. Version zum 825. Jubiläum online gehen. Sollten sich hier und da weitere neue Gesichtspunkte ergeben, werden sie bei Gelegenheit einfließen. Die vorliegende Chronik enthält längst nicht alle Details der Reinfelder Geschichte. Sie soll kein umfassendes Geschichtslexikon sein, sondern eine verständliche Einführung in die Geschichte der Stadt geben. Ich habe deshalb darauf verzichtet, alle Äbte, Herzöge oder Bürgermeister aufzuzählen. Das kann man in anderen Quellen nachlesen. Ich habe mich darauf konzentriert, die Ereignisse und Personen aufzuführen, die für die Entwicklung Reinfelds besonders wichtig waren.
Aus praktischen Gründen habe ich die Kapitel in einzelne Seiten aufgeteilt. Wer alle Texte vollständig zusammen gaben möchte, kann sich die Chronik als PDF herunterladen.
 
Ich hoffe, mit dieser Chronik vor allem Reinfelder Neubürgern die interessante und abwechslungsreiche Geschichte ihrer neuen Heimatstadt näher bringen zu können. Ich selbst lebe heute zwar in Bayern, bin aber in Reinfeld geboren und aufgewachsen und verfolge die Entwicklung dort noch immer.
 
Ingo Sarp, Thalmassing, im März 2019
 
 
© 1985-2024 Ingo Sarp
Fotos: Ingo Sarp
 
 
Rechtlicher Hinweis:
Jegliche Art der Veröffentlichung, auch Ausschnittweise, bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Das gilt auch für die zur Verfügung gestellte PDF-Version. Ausgenommen hiervon sind Textstellen, die direkt aus frei zugänglichen Quellen übernommen wurden und als solche gekennzeichnet sind ("Zitate") sowie die Texte der Reinfelder Stiftungsurkunden.
 
 

1. Aus der Frühzeit

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1. Aus der Frühzeit

 

Die Stadt Reinfeld verdankt ihre Existenz dem Umstand, dass hier vor über 800 Jahren (genauer: 1186 n. Chr.) ein Kloster gegründet wurde. Von dem Kloster ist nichts mehr übrig, nur einige Straßen- und Flurnamen sowie die Teiche und die Karpfenzucht erinnern noch daran. Doch die Geschichte der Region beginnt viel früher. Lange bevor das Kloster „Reynevelde“ gegründet wurde, war der Raum Nordstormarn durchaus nicht unbesiedelt. Viele der heutigen Dörfer gab es auch damals schon, einige von ihnen entstanden bereits in der Bronzezeit. Manche der alten Siedlungen sind inzwischen wieder verschwunden, nur wenige Flurnamen sind von ihnen geblieben. Die ersten Menschen dürften vor etwa 15000 Jahren, gegen Ende der letzten Eiszeit, als Rentierjäger das heutige Stormarn durchstreift haben. Aus dieser Zeit gibt es nur sehr wenige Funde. Erst zum Ende der Steinzeit, etwa 2000 v. Chr., wurde die Besiedlung dichter, vor allem entlang der Trave und des Heilsautales, wo sich der Boden leichter bebauen ließ.Hnengrab bei Reinfeld Der auffälligste Hinweis auf eine frühe Siedlung an der Heilsau ist das Hünengrab im „Neuen Hau“ bei Reinfeld, das letzte erhaltene in dieser Gegend, wenngleich inzwischen mehrfach restauriert. Es dürfte aus der Zeit der „Trichterbecherkultur“ etwa 3000 v. Chr. stammen. In Schleswig-Holstein sind noch ca. 120 weitere solcher Megalithanlagen bekannt. Ihr genauer Zweck ist nicht eindeutig geklärt. (1)

 

Wie die Funde zeigen, hielt die Bronze in Norddeutschland nur sehr zögerlich Einzug, doch schon bald brachten es die Handwerker auf dem Gebiet der Metallbearbeitung zu größter Geschicklichkeit. Zur Zeit der ersten Völkerwanderung, etwa 120-100 v. Chr., kam es zu einem weiteren Anstieg der Bevölkerungsdichte. Aus Schweden kamen die Sueben, aus Jütland die Kimbern und Teutonen. Sie wanderten weiter gen Süden, wo sie bald mit den Legionen Cäsars zusammenstießen. Rund 500 Jahre später schlossen sich viele Stormer und Sueben der zweiten Völkerwanderung in Richtung Süden, Südosten und Westen an. Als wahrscheinliche Ursache wird eine große Hungersnot angenommen, die durch klimatische Veränderungen entstand. Die Wildnis gewann wieder die Herrschaft über viele Siedlungen. Im 6. Jahrhundert wanderten aus Westen Sachsen in das leer gewordene Land ein. Um 700 n. Ch. drangen westslawische Stämme, die hier Wenden genannt wurden, aus Osten bis zur Trave vor. Die Wenden breiteten sich bald östlich einer Linie von der Ostsee bis nach Nordbayern aus. Für ihre Hilfe bei der Unterwerfung der Sachsen durch Karl den Großen erhielten sie 804 Land zugeteilt. Sie gründeten viele Siedlungen, die noch heute bestehen und deren Namen slawischen Ursprungs sind, z. B. Barnitz (Birkenbach), Pokense (Habichtswald, heute Poggensee), Pöhls (Feldheim), Dahmsdorf (wahrscheinlich von Dabu = Eiche), Cerben (heute Zarpen). Der Hauptstamm der Wagrier besiedelte schließlich den ganzen Raum zwischen der Trave bei Hamberge und der Kieler Förde. Noch heute heißt der Ostholsteiner Raum nördlich von Lübeck "Wagrien". Ein Grenzwall, der „Limes Saxoniae“, trennte die germanisch-stämmigen und die slawischen Völker voneinander. Trotzdem gab es bis ins 12. Jahrhundert hinein häufige Unruhen. Zeiten friedlichen Miteinanders wechselten sich mit Überfällen und Plünderungen ab. Erst im Winter 1138/39 gelang es den Stormarnern und Holsteinern in einem Rachefeldzug unter der Führung des Ritters Heinrich von Badwide im Auftrag des Grafen Adolf II. von Holstein, die Slawen endgültig zu unterwerfen und zum Teil zu vertreiben. Der Graf bekam Wagrien als Lehen zugeteilt und begann, deutsche Bauern aus dem Süden und Südwesten nach Süd- und Ostholstein zu holen, um das Land dort neu zu besiedeln. Sie gründeten auch in Stormarn neue Dörfer und Gemeinden wie z. B. Ratzbek, Feldhorst (ehemals Steinfeld), Willendorf, Stubbendorf und Rehhorst. Namen mit „ow“ oder „itz“ am Ende erinnern an den slawischen Ursprung. Neue Dörfer, die in der Nähe alter slawischer Siedlungen entstanden, erhielten oft zur Unterscheidung Vorsilben wie „Neu“ oder „Groß“, während die alten Siedlungen mit „Alt“ bzw. „Klein“ gekennzeichnet wurden. (Beispiele: Groß und Klein Barnitz, Neuen- und Altengörs). Manchmal wurden die ursprünglichen Bewohner aber auch vertrieben, wenn ihr Dorf auf dem besseren Boden stand.

 

Doch das Gebiet an der unteren Heilsau blieb weiterhin ein unbewohnter Sumpf. Um hier die Grundlage für eine Ansiedlung zu schaffen, brauchte man Fachleute, die mit wasserbautechnischen Aufgaben vertraut waren, die Urwälder kultivieren und Sümpfe trocken legen konnten und mit den zunächst rauen Bedingungen zurecht kamen. Als solche galten die Mönche des Zisterzienser-Ordens, zudem befand sich eines ihrer Klöster in der Nähe von Adolfs Stammsitz in Loccum am Steinhuder Meer, etwa 50 km westlich von Hannover. Adolf III. Stammte zwar aus dem Hause Schauenburg (auch Schaumburg), unterzeichnete Urkunden, die diese Grafschaften betrafen, aber stets mit dem Titel "Graf von Holstein, Wagrien und Stormarn".


Die Zisterzienser hatten sich 1098 von den Benediktinern abgespalten, die ihnen zu weltlich und zu prunksüchtig geworden waren. Unter Robert von Molesme entstand in Cîteaux (Burgund) das erste Kloster. Mit dem Eintritt Bernhard von Clairvaux‘s 1112 begann der neue Orden rasch zu expandieren.
Die Mönche wollten einfach und bescheiden nur von ihrer Hände Arbeit leben. Besitz, Schmuck, Prunk sowie Einnahmen aus Steuern oder Pacht (der „Zehnte“) lehnten sie ab. Auch ihre Kirchen waren äußerst schlicht ausgestattet, nur an hohen Feiertagen gab es einfachen Schmuck. Wie wir aber auch am Beispiel des Reinfelder Klosters noch sehen werden, hielten diese edlen Grundsätze nicht lange an. Viele Abteien wandelten sich zu gewinnorientierten Unternehmen. Historiker sprechen heute auch vom „Konzern der weißen Mönche“ (nach ihren hellen Kutten). Mit dem Aufkommen der Reformation ging ihre Ära schnell zu Ende.


Die Gründung des Reinfelder Klosters fällt in eine Zeit des Umbruchs. Die Zisterzienser hatten die Regel entschärft, wonach je 12 Mönche und Laienbrüder ein Kloster verlassen und andernorts ein neues gründen sollten, wenn ihre Anzahl die Zahl 60 erreichte. Diese Regel und der rege Zulauf zum Orden hatten zu einer geradezu explosionsartigen Ausbreitung in Mitteleuropa geführt. In der Folge ging die Zahl der Neugründungen stark zurück. Trotzdem entstanden gerade in Nord- und Nordostdeutschland noch einige neue Klöster. Die dortigen Herrscher, so auch Adolf III., betrieben zunehmend eine Politik der Germanisierung und Christianisierung, um ihre Macht vor allem gegenüber den slawischen Heiden zu festigen. Die Abteien bekamen auch politischen Einfluss und Gerichtsbarkeit zugestanden und so ist die relative Nähe des Reinfelder Klosters zu den bestehenden slawischstämmigen Siedlungen sicher kein Zufall.


So lud der Graf im Jahre 1186 Mönche des Klosters Loccum ein, das freie Land für die Gründung einer neuen Abtei zu nutzen. Auf dem noch heute so genannten Klosterberg bauten sie ihre erste Kapelle und Unterkünfte und legten damit den Grundstein für eine Arbeit, die die Landschaft nachhaltiger beeinflussen sollte als jede andere Siedlergruppe.

 

2. Die Entstehung des Klosters

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2. Die Entstehung des Klosters

Über die Anfänge des Klosters ist kaum etwas bekannt. Als einer der wenigen Zeitzeugen berichtet berichtet Propst Sido aus Neumünster in knappen Worten (frei übersetzt): „Zur Zeit des Kaisers Friedrich I. wurden vom Grafen Adolph Mönche des Zisterzienser-Ordens aus Loccum ins Bistum Lübeck eingeladen. Sie sind gekommen und haben sich in der Wildnis zwischen Lübeck und Oldesloe in der Nähe der Trave niedergelassen, an dem Ort, wo der Bach Cuserin (Heilsau) in die Trave fließt. An diesem Ort haben sie die hölzerne Kirche errichtet, die der Herr Bischof Thidericus zu Ehren der seligen Märtyrerin Agnes geweiht hat, und dem Ort den Namen Reinevelde gegeben.“ (2)

Nun ging dieser Voraustrupp daran, am Ufer der Heilsau ein Stück Land trockenzulegen und urbar zu machen, auf dem anschließend die endgültige Klosteranlage entstehen sollte. Zwar sollten die Mönche gemäß der Ordensregel nicht in Städten, Burgen und Dörfern, sondern fern von Menschen an vom Ver­kehr unberührten Orten siedeln. Dennoch können wir davon ausgehen, dass sie bei ihrer Arbeit zum ei­nen von Laienbrüdern, den Konversen, und zum anderen von Arbeitern von Höfen und Dörfern in der Umgebung unterstützt wurden. Die Zisterzienser wurden bis zu sieben Mal am Tag zum Gebet geru­fen, so dass sie sich nicht allzu weit von ihrer Kirche entfernen und auch nicht pausenlos arbeiten konn­ten, sie waren auf fremde Hilfe angewiesen. Die Arbeiten nahmen mehrere Jahre in Anspruch. Riesige Mengen Baumaterial mussten mühselig herangeschafft werden. Die Ziegel für die Mauern wurden in einer eigenen Ziegelei gebrannt. Wie wir noch sehen werden, hatte die Lage an der heutigen Kloster­straße / Ecke Heimstättenstraße einen besonderen Vorteil, den sich die Mönche bald zunutze machten.

 

Das Gründungsjahr 1186 ist in mehreren Chroniken vermerkt. So heißt es in der Rostockischen Chronik "Da man schref MCLXXXVI, da ward Reinfeld begrepen van Mönken". Der "Franciscaner Lesemeister Detmar", der Ende des 14. Jahrhunderts in Lübeck die Ereignisse im heutigen Nordelbingen dokumen­tierte und ältere Urkunden seit 1100 sammelte, bemerkt dazu kurz und knapp "In deme iare cristi MCLXXXVI do wart in deme biscopdome to lubeke stichtet dat closter to reynevelde, dat warde buwet int vifte iar; do wart de convent van grawen moneken dar vorgadderet." Drei Jahre später wurde das dem Kloster zuerkannte Land festgelegt. Der Name taucht in verschie­denen Urkunden und Texten in unter­schiedlicher Schreibweise auf, "Reynevelde" wird jedoch schon in den Gründungsurkunden genannt und zumindest innerhalb des Klosters in verschiedenen Schriften bis zum Ende beibe­halten. Wann der Über­gang zum heutigen "Reinfeld" stattfand, ist nicht ganz klar. (3)

Das Klosterverzeichnis der Zisterzienser führt das Kloster unter "Reynevelde in Reinfeld" und unter dem lateini­schen Namen "Purus Campus" mit dem Status einer Abtei. Als Gründungsjahr wird dort allerdings 1188 genannt und 1190 als Jahr der Einweihung. Vermutlich wurden 1188 die Arbeiten an den eigentlichen, steinernen Gebäuden begonnen. 1190 nahm der Konvent die ersten Gebäude gewissermaßen in Besitz. (4)

Es werden insgesamt vier Stiftungsurkunden erwähnt, drei gräfliche und eine kaiserliche. Dazu gibt es Hinweise auf eine fünfte Urkunde, mit der der Lübecker Bischof das Kloster anerkannt hatte. Über deren Inhalt ist jedoch nichts bekannt. Die kaiserliche Urkunde wurde von Friedrich l. Barbarossa in der dama­ligen Reichshauptstadt Regensburg am 10. Mai 1189 besiegelt und gilt als verschollen. Sie bestätigt im Wesentlichen dem Grafen Adolf III. von Wagrien, Holstein und Stormarn, dass er das Land zwischen Lübeck und Oldesloe einem Kloster zur Verfügung stellen darf. Da der Graf das Land als Lehen verwal­tete, war die kaiserliche Zustimmung erforderlich.

Die anderen Urkunden wurden von Graf Adolf und verschiedenen Zeugen ebenfalls 1189 unterzeichnet und legen die Grenzen des Klostergebiets sowie einige Privilegien fest. Zwei Urkunden, darunter die einzige noch erhaltene, sind allerdings mit großer Wahrscheinlichkeit Fälschungen, die erst im frühen bzw. im späten 14. Jahrhundert angefertigt wurden. Vermutlich sollten damit ursprünglich nicht vorhan­dene Ansprüche und Privilegien des Klosters nachträglich legitimiert werden. Die Texte der verscholle­nen Urkunden sind nur aus Abschriften bekannt. (5)

 

Der Ursprung des Namens Reynevelde oder Reinfeld ist nicht eindeutig geklärt. Eine These besagt, dass er an ein Mutterkloster am Rhein erinnert. Das ist sicher nicht richtig, denn ein solches gab es nicht. Die Idee, der Name könnte auf die Schutzpatroninnen Agnes und Maria zurückgehen, die auch für Reinheit und Keuschheit stehen, ist weniger wahrscheinlich, ebenso die Theorie, der erste Teil käme von "Rain", also Rand oder Grenze ("Grenzfeld"). Eine weitere Erklärung ist, dass das „reine Feld“ andeuten soll, dass diese Gegend schon relativ sauber und gut zu bearbeiten war, frei von hinderlichen Mooren, Dornen und Gestrüpp. Orte mit der Endung „-feld“ gab es mehrere in der Umgebung und so könnte „Rein“ auch dazu gedient haben, den neuen Ort von den umgebenden, unreinen (weil slawischen Ursprungs) Siedlungen abzuheben. Der lateinische Klostername "purus campus" wurde wohl direkt aus dem deutschen Namen übersetzt.. "Purus" bedeutet rein, frei und "campus" steht für Feld, Ebene, Gegend. Der Name "purus campus" fin­det sich in Klosterverzeichnissen des Zisterzienser-Ordens, während ein Ort "Reynevelt" oder „Reinevelde“ auch im lateinischen Text der Urkunden genannt wird und somit als das Original gelten kann. (6)
 
Der Verlauf der Grenzen des Klostergebiets ist nicht eindeutig nachvollziehbar, die Beschreibung ist stellenweise ungenau und im Laufe der Jahrhunderte haben sich Namen und Verläufe von Bächen geän­dert. Sicher ist, dass die Trave die südliche Grenze bildete. Der Verlauf folgt dem Fluss von Wesenberg an aufwärts bis zur Mündung des Baches "Cnegena". Damit könnte die heutige Schoraatsbek gemeint sein, die bei Steinfeld entspringt und am Kneeden in die Trave fließt. An diesem Bach geht die Grenze nach Norden bis zum Flüsschen "Bisneze", das die Nordgrenze bildete. Die Bißnitz fließt von Altenwei­de südlich an Rehhorst vorbei. Die Grenze soll dem weiteren Lauf bis zur Mündung des Baches bei Mit­walde folgen. Die Bißnitz mündet allerdings in den Wardersee, der zu weit weg erscheint. Mitwalde wird gelegentlich mit Meddewade übersetzt, was aber ebenfalls keinen Sinn ergibt, da es westlich von Wesenberg liegt. In der Urkunde Barbarossas wird dagegen ein Ort „Schede“ als nordöstlicher Eckpunkt genannt, der aber heute nicht mehr zu lokalisieren ist. Der lateinische Ausdruck „termium“ bedeutet auch „Grenzstein“. Es ist daher denkbar, dass es sich hier um einen bekannten Grenzpunkt im Dreieck zwischen Zarpen, Heilshoop und Badendorf handelte und die Klostergrenze von dort an der Grenze zwi­schen Wagrien und der inzwischen freien Stadt Lübeck in Richtung Wesenberg verlief.

Ob der Ort Mönkhagen, frei übersetzt "eingezäunte Mönchssiedlung", ebenfalls zum Bereich des Klosters gehörte, ist nicht geklärt. Rehhorst gehörte anfangs nicht dazu.

 

Grundbesitz Kloster Reinfeld

 

Im November 1190 war die provisorische Anlage soweit fertiggestellt, dass mit dem ersten Abt Hartmannus, zwölf Mönchen und ebenso vielen Laienbrüdern ein Konvent einziehen konnte, um den regulären Betrieb des Klosters aufzunehmen. Die endgültige Anlage mit ihren steinernen Gebäuden, den Gärten und der großen Kirche wurde erst 1237 vollendet und durch den Lübecker Bischof Johannes geweiht. Die Schutzpatronin des Klosters war, wie bei vie­len Zisterzienser-Klöstern, die heilige Jungfrau Maria.

 

Wie mag nun das Klostergelände ausgesehen haben? Baupläne oder Zeichnungen des unbekannten Baumeisters sind leider nicht erhalten geblieben. Da aber die Zisterzienser ihre Kirchen alle im selben Stil errichteten und einzelne Steine und Fliesen gefunden wurden, lassen sich recht genaue Vermutungen über die Form anstellen. Sie dürfte der noch heute bestehenden Klosterkirche des Mutterklosters Loccum sehr ähnlich gewesen sein, so dass wir uns ihr Aussehen gut vorstellen können. Die Kirche hatte einen langen, nach Osten gestreckten Grundriss mit einem zum Herrenteich hin geraden Chorabschluss. Ein steinerner Glockenturm galt als unnötig
und war sogar verboten. So hat auch die hiesige Klosterkirche auf dem Schnittpunkt von Längs- und Querschiff nur einen hölzernen Dachreiter mit einer GloKlosterkirche Reyneveldecke getragen. Mit Sicherheit war der Bau durch feine Ornamente nach Pflanzenmotiven verziert und besaß einen Fußboden, dessen glasierte Fliesen mit Einlegearbeiten versehen waren. Das Modell im Heimatmuseum vermittelt einen Eindruck davon, welche bauliche Meisterleistung hier vollbracht worden war. Die Klosteranlage erstreckte sich über das Gebiet zwischen Claudiusstraße, Schulteich, Müllerwiese und den Hellern. Neuere Funde, die bei Tiefbauarbeiten gemacht wurden, zeigen inzwischen, dass die Klosteranlage tatsächlich etwas anders ausgesehen hat.

 

 

 

 

 

 

 

 

Alte Klostermauer Reinfeld

Damit sich die Fratres ganz auf ihre geistliche Arbeit konzentrieren konnten, wurden die Klostergebäude, wie es damals üblich war, durch eine große Mauer von der Außenwelt abgeschirmt. Der Kontakt nach draußen wurde durch die Konversen aufrecht erhalten. Ein kleiner Teil der Mauer blieb an der Steinhöfer Straße erhalten. Die Klostermauer wurde 1966 unter Denkmalschutz gestellt, musste aber 1973 wegen Einsturzgefahr abgerissen und im alten Stil neu errichtet werden. Der Schulteich oder Hausgraben ist wahrscheinlich erst sehr viel später angelegt worden.

 

 

 

 

Die Regeln des Ordens verboten den Mönchen den Genuss von Fleisch. Fisch war ihnen jedoch erlaubt und so legten sie im Laufe der Jahre zahlreiche Teiche für die Fischzucht an, indem sie Bäche aufstauten. Dafür bot sich besonders das kleine Tal neben dem Kloster an, das wir heute als Herrenteich kennen. Trotzdem waren umfangreiche Erdarbeiten notwendig, die von den wenigen Klosterbrüdern (1313 wurden 24 Bewohner registriert) in mühevoller Handarbeit zu bewältigen waren. Das Aufschütten der Dämme von Schulteich, Herrenteich und Neuhöfer Teich mag rund 20000 m³ Boden erfordert haben. Dieser wurde durch Ausschachtungen der Zuchtteiche (Hellern) und des unteren Neuhöfer Teiches gewonnen und zum Staudamm geschafft, auf dem heute der untere Abschnitt der Matthias-Claudius-Straße verläuft. In der Blütezeit des Klosters sollen es rund um Reinfeld 40 - 60 Teiche gewesen sein, die überwiegend mit Edelfischen und Spiegelkarpfen besetzt waren. An einige erinnern noch Straßen- oder Ortsnamen wie Bischofsteicher Weg und Mönchteich zwischen Reinfeld und Bühnsdorf. Der Name "Herrenteich" ist wahrscheinlich im Volksmund aufgekommen. Viele Mönche waren edler Abstammung und wurden daher als "Herren" bezeichnet. So schufen die Mönche im Laufe der Jahre eine neue Landschaft mit blitzenden Teichen, die bis heute charakteristisch ist und immer wieder Ausflügler anzieht. Schon 1850 konnte man in einem frühen „Reiseführer“ lesen: „Reinfeld, […], ist an dem Ausflusse der Heilsau aus dem Herrenteich in der Nähe der Chaussee von Oldesloe nach Lübeck höchst malerisch gelegen“.

 

4. Das Ende der Klosterzeit

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4. Das Ende der Klosterzeit

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts gerät das Kloster vorübergehend in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Nach einem Krieg war es verarmt und hoch verschuldet. Herzog Heinrich gewährte den Mönchen in einer Urkunde von 1418 daraufhin eine Befreiung von Belastungen und Kosten, bis es sich wieder erholt habe.

Sein höchstes Maß an Einfluss und Ansehen erlangte das Kloster unter der Herrschaft des Abtes Fried­rich (1432-1460). Doch der Niedergang der Abtei an der Heilsau deutete sich bereits an. Die geistlichen Ideale traten mehr und mehr in den Hintergrund. Neben der hoch entwickelten Fischzucht, deren Ergeb­nisse ebenso schmackhaft wie einträglich waren, beherrschten die Mönche auch die Kunst des Bierbrau­ens. Ob am „Weinberg“ allerdings tat­sächlich auch Messwein angebaut wurde, ist nicht belegt. Die Zisterzienser betrieben auch Weinbau und so ist es möglich, dass sie es auch hier im Norden versuchten. Eine andere Deutung des Namens besagt, dass an dieser exponierten Stelle einst die Wenden ein Lager, einen Aussichtsposten oder einen Festplatz eingerichtet hatten und daher aus dem „Wendenberg“ über „Wen­nenberg“ und „Wenberg“ schließlich „Weinberg“ wurde. Funde, die darüber Aufschluss geben wür­den, wurden bisher nicht gemacht.
 
Ein dem Kloster angegliederter Krug, die "Klowen­borg" oder "Klauen­burg", der sich wohl schräg gegenüber der Einmündung Schoenaichstraße/Ahrensböker Straße befand, versorgte nicht nur die Landarbeiter und die Reisenden mit dem Gerstensaft. Von höchster Stelle wur­den mehr­fach Zechgelage der Klosterinsassen gerügt. Auch für das wiederholte Fernbleiben von Gottes­diensten muss­ten Strafen ausgesprochen werden, z.B. Kürzungen der Brot- und Bierzuteilungen. Es wird sogar von Unterschla­gungen von Pachtgeldern berichtet. Auch im Kloster war also nicht immer alles Gold, was dort glänzte.

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts begann die Leidenszeit des Klosters. Hatte man früher oft hochgestellte Persönlichkeiten wie Grafen und Könige zu Gast, so bekam man nun reichlich Schwie­rigkeiten mit ebendiesen. 1510 und während der sog. "Grafenfehde" 1534 wurde das Kloster von den Lübe­ckern geplündert und gebrandschatzt. Hinzu kam, dass König Friedrich II. den Klöstern immer neue Steuern auferlegte, um seine Kriegs - und Staatsschulden zu decken. Die Reynevelder mussten viele ihrer Besitzungen verkaufen. Außerdem isolierte sich das Kloster zunehmend gegenüber der übrigen Bevölke­rung, nachdem die Reformation in Norddeutschland immer mehr Anhänger fand, während die Abtei noch streng katholisch blieb. Bereits 1524 wurde im benachbarten Oldesloe lutherisch gepredigt, 1544 stellte auch die Zarpener Gemeindekirche einen evangelischen Prediger ein. Mit zunehmender Verbrei­tung des Protestantismus im Norden schwand die Bedeutung des Klosters. Um 1540 lebten hier nur noch 20 Mönche, 100 Jahre zuvor waren es noch 50 gewesen.
 
1550 gaben die Reynevelder gezwungenermaßen ihre ablehnende Haltung auf. Mit dem Besuch des Dänenkönigs Friedrich II. an der Heilsau im Jahre 1579 geht die fast 400-jährige Ära der Abtei endgültig dem Ende entgegen. Am 12. April 1582, sinniger­weise ein Karfreitag, wurde das Kloster Reynevelde den Abgesandten des Königs übergeben. Der 38. Abt Johannes Kule zog sich nach Hamburg zurück. Wie der Chronist Peter Hansen 1759 schreibt, hat dieser Abt einen ziemlich schlechten Ruf gehabt und es waren nur noch wenige Mönche im Kloster geblieben. Alte Reinfelder hätten dies um 1620 berichtet und ein Timme Wedel behauptete gar, der Abt sei „wegen seines gottlosen Lebens und daß er sich mit Huren und Buben geschleppet“ habe, seines Amtes enthoben worden sei. Ein unrühmliches Ende einer langen, ruhmreichen Geschichte.

Damit geriet der nordstormarnsche Raum vollständig unter den Einfluss der Herzöge von Schleswig-Holstein-Schaum­burg-Plön, die als Statthalter des dänischen Königs die Landesregierung innehatten. Das nun bedeutungslose Kloster Rein­feld wurde 1599 unter Herzog Johann dem Jüngeren abgerissen, nur die Kirche blieb stehen. Für Reinfeld begann ein neues wichtiges Kapitel der Geschichte.

3. Der Aufstieg des Klosters

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3. Der Aufstieg des Klosters

Schon sehr bald begann die Reinfelder Abtei, ihren Einflussbereich auszudehnen. Mit dem Bau der Zar­pener Pfarr­kirche (1221) wurde die Bevölkerung der Umgebung enger an das Kloster gebunden. Zehn Jahre später erwarb das Kloster Anteile an der Lüneburger Saline, eine Verbindung, die sich später als überaus einträglich erweisen sollte. Vier so genannte „Vorwerke“, kleine Höfe, entstanden außerhalb des Klostergeländes. Sie unterstützen die Mön­che bei ihrer Arbeit und der Produktion von Lebensmitteln. Die beiden nächstgelegenen waren der Steinhof und der Neuhof. Die Zisterzienser beschäftigten sich kaum mit geistigen oder wissenschaftlichen Dingen. Für sie galt die Arbeit als Gottesdienst getreu ihrem Motto „ora et labora, bete und arbeite“. Entsprechend emsig weiteten sie Fel­der und Äcker aus. Sümpfe wurden trockengelegt und Wälder gelichtet. Dabei entstanden auch neue Siedlungen wie die zahlreichen "Kamps" (von lat. Campus = Feld), z.B. Lehmkamp, Poggenkamp, Hohenkamp, Binnen­kamp, Heidekamp.

Große Hilfe bei der Bebauung der Felder leisteten neben den Laienbrüdern auch die freien Bauern aus der Umgebung des Klosters. Wo die eigene Arbeitskraft nicht mehr ausreichte, wurden Ländereien verpach­tet. Zwar verstieß das Einnehmen von Pachtzins gegen die Ordensregeln, aber die Klosterbrüder fanden offenbar zunehmend Gefallen an irdischen Gütern. Gleichzeitig wurden freund­schaftliche Beziehungen zur Stadt Lübeck geknüpft. Im Jahre 1266 erhielt die Abtei die Genehmigung, innerhalb der Lübecker Stadtmauer an der Marlesgrube einen "Reinfelder Hof" zu errichten. Mitte des 14. Jahrhunderts ent­stand daraus die Siedlung "Klein Reinfeld" an der Obertrave, die zum Mittelpunkt der klösterlichen Handelsbeziehungen wurde. Bald schon begannen die Mön­che auch, in einigen der umliegenden Dörfer sowie am Ablauf des Herrenteichs Wassermühlen zu bauen, in denen Getreide gemahlen wurde. Daraus bezogen sie, entgegen der Ordensregel, zusätzliche Einnahmen. Überschüssige Ernteerträge wurden über die damals schiffbare Mühlenau mit Lastkähnen nach Lübeck verfrachtet und in den "Klein Reinfelder" Kornspeichern gelagert. Ein Teil wurde von dort aus sogar nach Dänemark und Schweden ver­schifft. Später wurde auf dem selben Weg Korn aus Ostholstein und Dänemark zugekauft, dafür wurde Holz aus den eigenen Wäldern verkauft.
 
Die oft sehr hohen Gewinne aus Getreideverkäufen, Pachten und der Saline legten die Äbte voraus­schauend in Grundbesitz an. Auf diese Weise sowie durch Erbschaften und Schenkungen erwarb das Kloster immer mehr Höfe, Mühlen, Güter und sogar ganze Dörfer. Bis 1347 waren dies in der Nähe Klein Wesenberg, Badendorf, Havighorst, Benstaben, Neuengörs, Meddewade, Seefeld, Bahren­hof und Bühnsdorf. Hinzu kamen Besitzungen auf den Elbinseln, in Lauenburg, Ostholstein, Mecklen­burg, Pom­mern und sogar in Livland (heute Estland und Lettland). In der Blütezeit gehörten fast 60 Ortschaften zum Einzugsgebiet des Klosters. Damit war das Reinfel­der Kloster das reichste und mäch­tigste Kloster im Holsteiner Land. Zudem erhielt das Kloster eine Reihe von Privilegien. Durch den Papst Innozenz IV. wurde dem Reynevelder Abt 1254 die Sorge für die Aufrechterhaltung des von den Lübeckern bestä­tigten kaiserlichen Freiheitsprivilegs übertragen. Drei Jahre später erhielt der Abt den Auftrag, nie zu gestatten, dass Lübecker Bürger ohne päpstliches Spezialmandat vor auswärtige geistli­che Gerichte zitiert noch die Stadt selbst mit Bann belegt würde. Damit gewann die Stellung des Klosters gegenüber der Hansestadt und die des Abtes gegenüber dem Lübecker Bischof noch einmal an Bedeutung.
1419 wurde das Kloster sogar von der Unterstellung unter den Bischof von Lübeck befreit. So gesehen, scheinen die Päpste in Rom mit dem Treiben der Mönche an der Heilsau durchaus einverstan­den gewe­sen zu sein. Die Reinfelder Äbte setzten konsequent fort, was sich nur knapp 100 Jahre nach Bernhard von Clairvaux im Orden abzeichnete, die völlige Abkehr von den hehren Zielen. Innerhalb weniger Jahr­zehnte wurde aus dem einfachen Kloster ein florierendes, gewinnorientiertes Unternehmen mit weit ver­zweigten Besitzungen und Beteiligungen. Heute würde man das wohl eine Holding nennen.

Einziger Dorn im Auge der Äbte war Zarpen geblieben, das Mitte des 13. Jahrhun­derts zur Stadt gewor­den war. Die Einwohner sorgten beson­ders im Bereich der Waldwirtschaft für immer neue Schwierigkei­ten. Erst 1473 konnte Abt Johannes II. König Christian I. dazu überreden, durch das Edikt von Segeberg die „Stadt Lübischen Rechts Zarpen“ für immer zum Dorf zu erniedrigen.
 

5. Die Plöner Herzöge

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5. Die Plöner Herzöge

Der neue Plöner Herzog Johann der Jüngere liebte die Pracht. Seine Residenz war das Schloss am Plöner See, doch auch in Ahrensbök ließ er nach Abbruch des dortigen Klosters ein Schloss errichten. Ebenfalls aufgehoben wurde das Rueklos ter an der Flensburger Förde. An seiner Stelle entstand das bekannte Wasserschloss zu Glücksburg. So ist es nicht v erwunderlich, dass auch in Reinfeld aus den Trümmern des Klosters am Hausgraben (Schulteich) ein prächtiges Schloss enReinfelder Schlosststand. Nach fünfjähriger Bauzeit wurde der Vierflügelbau 1604 fertiggestellt. Das Gebäude war etwa 50 m lang und 60 m breit und von einem Wassergraben vollständig umgeben. Von Norden her führte eine lange Brücke über den Graben in den 500 m² großen Innenhof. Das Schloss, an dessen Stelle heute die "Alte Schule" steht, war von ausge­dehnten Gärten umgeben. Im Nordwesten entstand der "Neue Garten", der ehemalige Klostergarten hieß nun "Alter Garten". Die Gärten hatten durchaus auch einen praktischen Nutzen: sie versorgten die Schlossküche mit Kräutern und Gemüse. Im Südflügel des Gebäudes war die „Amtsbierbrauerei“ unterge­bracht. Da es vom Schloss Bau­pläne und Zeichnungen gibt, konnte für das Museum ein origi­nalgetreues Modell nachgebaut werden. Uneinigkeit herrscht noch über den Verlauf des Wassergra­bens, der ver­mutlich wie beim Ahrenbur­ger Schloss direkt an das Ge bäude reichte. Vielleicht entstand in dieser Zeit auch der "Hausgraben", heute Schulteich.

Die das Klostergebiet umgebenden Wal­dungen wurden eingezäunt. Als "Herzog­licher Thiergar­ten" erstreckten sie sich von der Steinfelder Hude bis Stubbendorf und von Lokfeld bis Heidekamp. Die alten Wege wurden durch Hecktore verschlos­sen. An deren Außenseite wurden Katen für die Waldwär­ter gebaut. Ihre Bezeichnungen wie Steinfelder, Lokfelder, Heidekamper Heckkaten haben sich bis heute erhalten. Der Zweck der doch recht aufwändigen Aktion war es, das Wild hier zu halten, damit der Herzog bequem seiner Jagd­leidenschaft frönen konnte. Man muss sich dazu vergegenwärtigen, dass es außer dem Schloss, ein paar Nebengebäuden, der Getreidemühle und der Schänke im näheren Um­kreis keine Ansiedlungen gab. Das heutige Stadtgebiet war größtenteils noch Wildnis.
 
Wie um eine späte Strafe für die zunehmende Verweltlichung des Rein­felder Klosters zu vollstrecken und einen endgültigenGrabplatte an der Kirche Schlussstrich unter seine Geschichte zu ziehen, brach im Herbst 1635 vermutlich durch Hochwasser und schweren Sturm der Damm des Herrenteichs. Die Wassermassen strömten in die tie­fer gelegene Klosterstraße und unterspülten das Mauerwerk der Kirche. Das große Gebäude stürzte ein. Damit sich ein solches Unglück nicht wieder ereignen konnte, wurde die neue Kirche auf dem hochgele­genen „Eichberg" gebaut. Trümmerschutt der alten Kir­che und mächtige Eichenbalken dienten als Bau­material. Nach nur sechs Monaten war der Bau vollendet, dafür fiel das neue Gebäude wesentlich klei­ner und schlichter aus. Auch ging der letzte Respekt vor der einstigen Größe des Klosters völlig verloren: die Grab­platten mit den Abbildern der früheren Äbte wurden kurzerhand als Fußbodenbelag verwendet. Am 2. Juli des Jahres 1636 wurde der Neubau feierlich geweiht. Eigentlich war sie nur als Notkirche gedacht, doch die Klosterkirche wurde nie wieder aufgebaut.
 
Claudius-Kirche ReinfeldSo steht die heutige Matthias-Claudius-Kirche fast unverändert bis heute dort. Die Grabplatten, die noch immer dort zu sehen sind, sowie einige Zie­gel und Fliesen, die im Heimatmuseum ausge­stellt werden, und ein renovier­ter Abschnitt der Klostermauer sind alles, was vom einstigen großen Kloster und seiner Kirche übrig geblieben ist. Doch ein Gutes hatte die Kata­strophe auch: Mit dem Neubau der Kirche wurde gleichzeitig der Grund­stein für die Entstehung eines richtigen Dorfes Reinfeld gelegt. Rund um den neuen Mit­telpunkt entstanden allmählich erste Häuser, der Kirchsteig wurde die erste Straße in Reinfeld. Die Schlossbediensteten wohnten im Schloss selbst, der herzog­liche Amtmann in einem Gebäude am Schloss­platz. Weitere Häuser gab es in näherem 'Umkreis bis dahin kaum. Mit der Säkularisierung des Klosters begann auch die Umgestaltung des Abteigebie­tes zu einem "Her­zoglichen Amt Reinfeld", welches ein Amtmann als Ver­treter des Landes­herrn leitete. Der Herzog selbst kam mit seiner großen Familie (er war Vater von 23 Kindern) jedes Jahr für einige Wochen nach Reinfeld. Wie das Kloster, so sah auch das Schloss nun oft hoch­gestellte Gäste. Durch den Amts­sitz wurde das Dörfchen an der Heilsau langsam zum verwaltungsmäßigen Mittelpunkt der Region.,

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