Solar Compleet Reloaded
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Solar Compleet Reloaded: Bericht über die Umrüstung einer Anlage auf einen neuen Regler
Hintergrund und Motivation
Seit Oktober 2010 ist unsere "Solar Compleet" von Sonnenkraft nun in Betrieb und hat die meiste Zeit befriedigend gearbeitet. Aber eben nicht besser. Mit dem Original-Regler war nicht mehr heraus zu holen und eine neue Wärmepumpe kam nicht infrage. Sonnenkraft hat sich aus dem Geschäft mit Wärmepumpen zurückgezogen, es gibt also keine Weiterentwicklung mehr. Möglicherweise ist der Regler (basierend auf Danfoss) auch technisch am Limit. Also blieb nur die Möglichkeit, den Regler zu ersetzen. Ich habe das Projekt "Solar Compleet Reloaded" getauft, weil es weiterhin auf der Hardware und dem Konzept des ursprünglichen Systems beruht.
Die Kritikpunkte waren:
Die Heizkurve kann nicht fein genug eingestellt werden, Sprünge von 3K sind für eine Niedertemperaturheizung zu grob.
Bei der Warmwasser-Bereitung kommt es im Sommer gelegentlich zu zu starken Anstiegen der Vorlauftemperatur, gefolgt von einem Notstopp des Kompressors. Es nkommt zu großen Über- und Unterschwingern, die manchmal sogar dazu führen, dass die Zusatzheizung aktiviert wird, obwohl die WP ausreichend Leistung hat. Der Regler ist mit der Dynamik überfordert. Zudem wurde meistens die Zieltemperatur von 55°C nicht erreicht. Das führte dazu, dass häufiger nachgeheizt werden musste.
Solar Boost + Zusatzheizung und > 20°C Soletemperatur???
In mehreren Situationen zeigt sich, dass der Regler zu träge ist, was zu einem unruhigen Verhalten und ständigem hin- und her laufen der Mischer führt.
Die empfohlene Spreizung im Solekreis (3-4K) wird selten gehalten. Oft pendelt die Leistung der Solepumpe zwischen Minimum und Maximum. Da die Temperaturmessung nur 1K Auflösung hat, kann der regler nicht vernünftig arbeiten. Die Empfehlung des Technikers: Pumpe fest auf 100% stellen.
In bestimmten Betriebsarten wird die Regelung der Heizkreispumpe deaktiviert, sie läuft dann mit konstanter Leistung.
Manchmal scheint der Regler zu "vergessen", dass er die Vorlauftemperatur im Heizkreis nachregeln muss und so läuft die Heizung mit einer zu niedrigen Temperatur, bis die Wärmepumpe anspringt, obwohl noch Wärme im Speicher vorhanden wäre.
Der Regler kann nicht erkennen, wenn im Heizkreis kein Wärmebedarf besteht und lässt die Pumpe unnötig laufen.
Die Reglerparameter sind fest programmiert und können nicht für das System angepasst werden.
Weitere Gründe und Erkenntnisse habe ich hier zusammengefasst: Fazit 2020
Wie ich inzwischen erfahren habe, ist unsere Anlage kein Einzelfall.
Ich habe mich deshalb entschieden, den vorhandenen durch einen frei programmierbaren Regler zu ersetzen. Meine Wahl fiel auf die UVR16x2 mit abgesetztem Display von Technische Alternative, da diese über je 16 Ein- und Ausgänge verfügt. Ja, man braucht tatsächlich so viele und selbst diese reichen nicht aus. Daher kamen noch vier Erweiterungsmodule für den sog. DL-Bus hinzu. Die Anlage hat 14 Temperaturfühler (den Enteisungsfühler habe ich weggelassen), 2 Durchflussgeber, 6 Anschlüsse für 230V, 2x 2 Mischeranschlüsse für 24V (Auf/Zu), 4 Steuerleitungen mit 0-10V für die Pumpen und das Vierwegeventil, 2 Schaltausgänge für die Ansteuerung von Relais für die Zusatzheizung. Dazu kommen, wenn man sie einzeln betrachtet, 8 Meldeeingänge für die Systemüberwachung (Pressostate, Motorschutz, Pumpen). Der im Schaltplan vorgesehene Strömungswächter im Solekreis ist hier nicht vorhanden. Neu hinzu kommen ein Eingang, über den der Raumtemperatur-Regler (12 Heizkreise) seinen Bedarf anmeldet, und ein Ausgang, mit dem dem Regler mitgeteilt wird, wenn die Außentemperatur einen bestimmten Wert überschritten hat oder wenn solarer Überschuss vorhanden ist. Zur Erklärung: Wenn der Speicher eine Mindesttemperatur erreicht hat und der Kollektor Wärme liefert, können einzelne Räume etwas mehr beheizt werden. Der Fussboden wird so als zusätzlicher Speicher genutzt. Das kommt vor allem im Frühjahr und im Herbst vor.
Um die Melder zusammen zu fassen, die 24V-Mischer anzusteuern und die Relais der Zusatzheizung unterzubringen, habe ich eine Interface-Leiterplatte entworfen.
Der Universelle Frei Programmierbare Regler
Die UVR ist, eigentlich provisorisch, aber wahrscheinlich nun auf Dauer, auf dem Schaltschrank angebracht. Die Unterbringung im
Schaltschrank erwies sich aufgrund der Platzverhältnisse als unpraktisch. In der Tür wollte ich sie nicht montieren, weil sie zu einen recht tief in den Schrank hinein ragen würde und zum anderen die ganzen Sensorkabel dort hin geführt werden müssten. Dafür dind die Erweiterungsmodule und die Interface-Platine in der Tür untergebracht, wo zuvor die Sonnenkraft-Elektronik beheimatet war.
Die Verdrahtung habe ich zum Teil geändert, einen guten Teil aber übernommen, was den Umbau der Hardware deutlich erleichtert. Die Meldekontakte habe ich von 230V auf 24V AC umgestellt. Die NTC-Temperaturfühler habe ich gegen PT1000-Sensoren ausgetauscht (mit temperaturbeständigen Silikon-Leitungen). Der Kollektorfühler auf dem Dach war bereits ein PT1000.
Das Display der UVR ist relativ klein (ungefähr Smartphone-Größe), so dass das Ablesen von Werten und vor allem das Ändern etwas mühselig ist. Ich habe den Regler deshalb mit einem C.M.I. (Command and Monitoring Interface) erweitert. Das CMI ist über einen CAN-Bus mit dem Regler verbunden und über LAN/Powerline an das Heimnetz angeschlossen. Das Netz war wegen der PV-Anlage ohnehin notwendig geworden. Damit können aktuelle Betriebsdaten bequem am PC angesehen werden und auch Programm-Updates sind darüber möglich. Das Interessanteste ist aber, dass mit dem Interface nun Mess- und Funktionswerte geloggt werden können. So kann man genau sehen, was der Regler macht und die Parameter oder die Programmierung danach optimieren.
Die Technik
Die UVR16x2 verfügt über 16 Eingänge. Davon werden 15 für die Temperaturfühler verwendet. Den Enteisungsfühler habe ich weggelassen, denn normalerweise liefert er die gleiche Temperatur wie der Außensensor. Bei Bedarf kann er reaktiviert werden, die Leitung existiert noch. Am Eingang 16 ist der Impulsgeber des Durchflussgebers hinter der Ladepumpe angeschlossen. Da der Regler eine Wärmemengenzähler-Funktion besitzt, wird der bisherige externe Zähler nicht mehr benötigt.
Auf der anderen Seite gibt es 11 Relais-Ausgänge. Davon ist aber nur einer potentialfrei, die anderen sind an die 230V-Versorgung angeschlossen. 5 Ausgänge sind rein elektronisch und können z. B. PWM oder 0-10V-Spannungen ausgeben. Für die Ansteuerung der Zusatzheizung und der Mischer (24V AC) sind also Hilfsrelais erforderlich. Diese habe ich auf der Interface-Platine untergebracht.
Die Anschlüsse für den Softstart des Kompressors, den Ventilator der Außeneinheit (2x) und die Versorgung der Pumpen gehen direkt an die 230V-Relais.
Vier der Niederspannungsausgänge sind zu zwei Ausgangspaaren für die beiden Mischer zusammengefasst (Auf/Zu), die dann 0V oder 10V ausgeben. Da diese relativ häufig geschaltet werden, habe ich dafür auf der Interface-Platine vier kleine elektronische Relais mit einer Schutzbeschaltung vorgesehen. Die 24V AC kommen wie bisher vom Trafo im Schaltschrank.
Die verbleibenden Ausgänge sind ungenutzt.
Die Pumpen und das Vierwegeventil werden durch eines der Erweiterungsmodule mit 0-10V Steuersignalen versorgt. In unserem Fall ist es so, dass der Regelbereich Pumpenelektronik (WILO stratos Para) 3V ... 10V beträgt, 1V wird als Stoppsignal interpretiert und 0V als Kabelbruch. Es ist gut möglich, dass in anderen Anlagen andere Typen verbaut sind, hier weicht auch das Handbuch ab. Das Vierwegeventil (ESBE ARA 639) ist auf einen Arbeitsbereich von 2V ... 10V eingestellt. Dabei ist 2V für Heizbetrieb, 5,7V für Regenerieren und 10V für Warmwasser definiert.
Ein zweites Modul mit Analogausgängen stellt die Steuersignale für die Zusatzheizung bereit. Die Relais werden paarweise durch
einen Transistor geschaltet, die Versorgung kommt vom Regler. Es sind auch 230V-Hilsrelais oder Schütze denkbar, die im Schaltschrank untergebracht werden und durch die freien Reglerausgänge geschaltet werden könnten. Mir hat diese Lösung besser gefallen.
Ein weiterer Analogausgang liefert eine Spannung als Statusanzeige an den Raumregler. Dabei handelt es sich um einen Digisol von ESL (gibt es schon lange nicht mehr), der seit 1997 installiert ist und seit 2007 mit einer moderneren Prozessorplatine zuverlässig seinen Dienst tut.
Die Interface-Platine versorgt über einen 5V-Regler den Strömungs- und den Drucksensor im Solarkreis. Deren Signale werden von einem dritten Modul verarbeitet. Die Temperaturwerte der beiden Sensoren nutze ich nicht aus, die Fühler an den Solarleitungen sind dafür besser geeignet. Dieses Modul bekommt auch ein Heizstopp-Signal vom Raumregler, wenn der keinen Heizbedarf sieht. Dann werden die Heizkreisregelung und die Pumpe abgeschaltet, was bisher nicht möglich war.
Die Meldeleitungen der Systemüberwachung werden ebenfalls auf der Interfaceplatine zusammengefasst und aufbereitet. Es handelt sich hier um potenzialfreie Schalter, die normalerweise geschlossen sind und im Fehlerfall öffnen. Hier gibt es mehrere Möglichkeiten: Alle 8 oder 9 Melder einzeln auswerten, alle Signale zu einem allgemeinen verodern und ggf. auf dem Interface mit LEDs den betroffenen Eingang anzeigen oder als Kompromiss den auslösenden Eingang signalisieren. Im ersten Fall bräuchte man zwei Module mit analogen oder digitalen Eingängen, im zweiten Fall würde ein Eingang genügen. Ich habe mich für den Kompromiss entschieden. Neun mögliche Meldeeingänge werden durch einen Encoder zu vier digitalen Signalen zusammengefasst. Ein Modul mit digitalen Eingängen zeigt dann die Nummer des auslösenden Eingangs an. Wenn zwei Fehler gleichzeitig auftreten, wird nur der mit der höheren Priorität angezeigt, aber das ist bisher noch nie vorgekommen. Weil mir Netzspannung an solchen Komponenten unsympathisch ist, habe ich hier statt der ursprünglichen 230V nun die 24V Wechselspannung aus dem Trafo genutzt.
Im Mai 2022 kam noch ein Energiezähler CAN-EZ3, ebenfalls von TA, hinzu. Der sitzt im Sicherungskasten und misst den Stromverbrauch der Anlage. Mit der UVR ist er über CAN verbunden. Er übernimmt nun auch die Erfassung der Wärmemenge und des Kollektorertrags.
Über das CMI kann auch die momentane Leistung der PV abgefragt werden. Bisher nutze ich die Daten aber noch nicht.
Der Umbau selber ging alles in allem doch schneller und besser vonstatten, als ich befürchtet hatte.
Die Programmierung
Die UVR16x2 habe ich mit dem Programm TAPPS2 von TA programmiert. Das ist sicher der beste Weg und erlaubt, in gewissen Grenzen, auch eine Simulation und Überprüfung der Funktionen. Im Prinzip ist die Programmierung recht einfach: benötigte Funktionen auswählen, untereinander und mit den Ein- und Ausgängen verbinden, Parameter setzen und fertig. Theoretisch jedenfalls. Im Falle der Solar Compleet ist es leider etwas komplizierter. Die Funktionen sind nicht alle klar getrennt, so teilen sich z. B. Heizen, Regenerieren und Warmwasser eine Pumpe und einen Mischer. Folglich braucht man je nach Betriebsart jeweils andere Parameter. Nicht immer können mehrere Funktionen mit dem selben Schalt- oder Analogausgang verbunden werden. Die Wärmepumpe geht direkt auf den Heizkreis, der Heizbedarf wird beim Original über eine Integralfunktion des Reglers ermittelt. Die UVR kennt eine solche Funktion nicht, also muss hier etwas getrickst werden. Ich nehme allerdings inzwischen anstelle des Integrals die direkte Rücklauftemperatur des Heizkreises, die ich nun ebenfalls messen kann. Und dann gilt es noch, die richtigen Reglereinstellungen zu finden. Für die PID-Regler sind Werte von 0 bis 1000 zugelassen, in der Praxis landet man bei Werten kleiner 10. Das zeigt, dass die Einstellungen nicht ganz einfach werden. Die optimalen Werte lassen sich erst nach einiger Zeit ermitteln, wenn verschiedene Umgebungsbedingungen aufgetreten sind. Insgesamt arbeitet der neue Regler deutlich besser als der alte.
Enthaltene Funktionen
Heizkreisregelung
Warmwasserbereitung
Solarkreisregelung
Solekreisregelung
Solar Boost
Abtauen
Regenerieren
Steuerung der Zusatzheizung
Steuerung des Ventilators der Außeneinheit
Zusätzlich: Heizstoppsignal und Heizstatussignal
Auswertungen:
Betriebsstunden
Wärmemenge
Kollektorertrag
Stromverbrauch
Arbeitszahl