Afghanistan - Mission Impossible
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Acht Jahre Einsatz in Afghanistan, und noch immer nichts erreicht. Ist es nicht an der Zeit, die Sache aufzugeben und sich zurückzuziehen? Worum ging es dabei eigentlich?
In Afghanistan herrscht Bürgerkrieg. Verfeindete Clans kämpfen gegeneinander um die Vorherrschaft in ihren Regionen und die extrem muslimischen Taliban gegen alle, die nicht auf ihrer Seite stehen. Diese Situation entstand, als sich die Sowjets aus Afghanistan zurückzogen und ein Chaos hinterließen. Vertrieben wurden sie von Guerilla-Kämpfern, die von den USA ausgebildet wurden und die nun auf alles schießen, was keinen Turban trägt. Auch Amerikaner. Sie haben nun einmal nichts anderes gelernt. Nun werden die Amerikaner die Geister, die sie riefen, nicht mehr los. Den USA ging es um zweierlei: den russischen Einfluss in dieser Region zu begrenzen und eine Pipeline zu bauen. Für den Betrieb dieser Pipeline ist ein stabiles, den USA wohlgesonnenes Land eine Voraussetzung. Die Vereinten Nationen haben nicht plötzlich ihre Verantwortung für eine der ärmsten Gegenden entdeckt, nachdem sie beim Konflikt zwischen Hutu und Tutsi in Ruanda noch vereint wegsahen. Wollten sie hier Entwicklungshilfe leisten, dann hätten sie das auch in Nordkorea, Simbabwe, Somalia, Uganda oder im Kongo machen müssen. Nur, Nordkorea hat die Atombombe, Simbabwe und Somalia haben nichts Interessantes zu bieten, und in Uganda und im Kongo sitzen schon die Chinesen. Nein, es geht ums Ölgeschäft, nicht um Menschenfreundlichkeit. So gesehen ist jede Begründung für eine Beteiligung an der "Friedensmission" eine platte Lüge.
Die Taliban bilden Terroristen aus, gegen die wir uns am Hindukusch verteidigen müssen. Kommen Terroristen nur aus Afghanistan? Ihr Netzwerk ist weitläufig und Ausbildungslager gibt es an vielen Orten. Das ausgerechnet Afghanistan eine Hochburg sein soll, erinnert ein bißchen an die "Massenvernichtungswaffen" im Irak. Internationalen Terrorismus bekämpft man nicht in einem Land und mit militärischen Mitteln, sondern nur, indem man im die Grundlage entzieht.
Auch völkerrechtlich ist der Einsatz, Krieg darf man ja nicht sagen, heikel. Afghanistan ist kein richtiges Land, sondern ein Sammelbegriff für viele einzelne Stämme, die sich oft untereinander bekriegen. Die Polizeikräfte dienen dem, der am besten zahlt und die so genannte Regierung in Kabul ist kaum weniger korrupt als die Warlords. Geradezu pervers ist es, dass die westliche Rüstungsindustrie Freund und Feind gleichermaßen beliefert und gut davon lebt.
Auf der anderen Seite geht es hier auch um Menschen, die ein Anrecht auf eine gewisse Würde und ein entsprechendes Leben haben. Was würde passieren, wenn die internationalen Truppen abziehen würden? Friede, Freude, Eierkuchen? Wohl kaum. Die staatlichen Organe sind zu schwach und zu anfällig für Korruption, um Sicherheit und Ordnung aufrecht halten zu können. Das Land würde noch mehr im Chaos versinken, Schulen würden zu reinen Koranschulen werden, Mädchen dürften gar nicht mehr zur Schule gehen. Ein Rückfall ins Mittelalter wäre die Folge. Können wir es moralisch verantworten und zulassen, dass dies geschieht? Andererseits: Haben wir ein Recht, uns in eine fremde Kultur einzumischen? Die Vorstellungen auf beiden Seiten sind grundsätzlich verschieden, Abendland und Morgenland treffen aufeinander. Jedes hat nicht ohne Grund seine eigenen Wert- und Moralvorstellungen. Die verdienen Respekt und sie können nicht von heut' auf morgen umgestoßen werden. Ein Prozess der Veränderung wird Jahrzehnte dauern. Und militärisch ist hier kein Blumentopf zu gewinnen. Eine andere Strategie muss her.
Wir müssen nicht noch mehr Truppen an den Hindukusch schicken, sondern wir brauchen eine Strategie für einen geordneten, schrittweisen Abzug. Der Bevölkerung müssen noch andere Perspektiven als CocaCola und Hamburger aufgezeigt werden, dann werden sie sich allmählich öffnen. Das das geht, dafür gibt es in der arabischen Welt genügend Beispiele. Für den Anfang ist es allerdings noch notwendig, die Entwicklungsprojekte vor den Übergriffen der Taliban zu schützen. Doch der Schwerpunkt muss auf dem Aufbau des Landes und einer funktionierenden Infrastruktur liegen. Dabei ist die gänzlich andere Kultur zu berücksichtigen. Gegen diese Kultur und gegen die Traditionen der Bevölkerung wird nichts Dauerhaftes zu erreichen sein.
Die Taliban finanzieren ihre Waffenkäufe u. a. mit Drogengeld. Aus den zahllosen Mohnfelder wird Opium gewonnen, das auf die westlichen Märkte gelangt. Unsere Soldaten sehen dabei zu. Die Felder dürfen sie nicht vernichten, weil sie oft die einzige Erwerbsquelle der Menschen dort sind. Was tun? Warum nicht einmal das vermeintlich Undenkbare denken und kontrollierten Mohnanbau zulassen? Daraus kann ein wertvoller Rohstoff für viele Medikamente gewonnen werden. Die Bauern bekämen vernünftige Preise gezahlt, den Taliban würde eine Geldquelle entzogen werden. Aber für solche Ideen fehlt den Politikern und Strategen der Mut genauso, wie endlich einzugestehen, dass die Mission gescheitert ist.