Das JPEG-Format für Fotos dürfte den meisten bekannt sein, es sind die Dateien mit der Endung ".jpg" auf den Speiochermedien. Das Format ist schon relativ alt und bei den allermeisten Kameras voreingestellt. Viele, selbst engagierte Fotografen, wissen aber nicht oder ignorieren, dass es daneben auch ein anderes Format für Bilddateien gibt, nämlich das RAW-Format. Dabei ist es mittlerweile in praktisch allen Systemkameras, den meisten (zumindest besseren) Kompaktkameras und sogar auf einigen Smartphones verfügbar. "Raw" bedeutet "roh" und kommt nicht nur in der englischen Küche vor. In der Fotografie werden damit Bilddateien bezeichnet, die im Rohzustand vorliegen, also ohne weitere Bearbeitung; so, wie sie vom Bildsensor kommen. Deshalb werden sie in Anlehnung an die analoge Fotografie auch gerne als "digitale Negative" bezeichnet, die erst einmal aufbereitet werden müssen. Um sie zuverlässig auf allen Geräten wiedergeben zu können, müssen die Fotos konvertiert werden und diesen Aufwand scheuen die meisten Fotografen. Ich finde das nicht so schlimm, denn das zwingt mich dazu, mich mit meinen Aufnahemn zu befassen. Natürlich könnte ich das auch automatisch und im Stapel erledigen lassen, aber so wird mein Ehrgeiz geweckt, möglichst viel aus den Bildern heraus zu holen. Sicher kennt ihr das auch: Nach einem Ausflug mit Freunden werden die gesammelten Schnappschüsse in einen Cloud-Speicher kopiert, damit alle sie ansehen können. Eine größere Anzahl Bilder ist aber verwackelt, unscharf oder völlig falsch belichtet und somit unbrauchbar. Warum wurden sie nicht gleich gelöscht? Der Fotograf hatte offenbar kein besonderes Interesse an seinen eigenen Aufnahmen. Muss ich mir dagegen jedes einzelne Foto vorher ansehen, werde ich die unbrauchbaren gleich löschen und niemanden damit belästigen.

 

 

Was ist der Unterschied zwischen JPEG und RAW?

Zunächst einmal ein wenig Technik: Ein Pixel, wie wir ihn im Bild sehen, besteht aus den drei Farbkanälen Rot, Grüm und Blau. Der Anteil der einzelnen Farben bestimmt, wie der Pixel aussieht. JPEG nutzt dabei eine Auflösung von 8 Bit pro Kanal, das ergibt 256 Abstufungen. Klingt nicht viel, aber durch die Kombination von drei Farbkanälen entstehen daraus 256³ = über 16 Millionen Farbtöne. Nun verfügen aber heutige Bildsensoren bzw. deren Auswerteelektroniken über Auflösungen von 10, 12, 14 oder (in speziellen Fällen) sogar 16 Bit je Farbkanal. Bei den DSLR (und DSLM), um die es mir hier geht, haben wir üblicherweise 14 Bit. Das ermöglicht dann schon 16384 Abstufungen je Farbe und über 4 Billionen Farben. Das RAW-Bild stellt mir diese alle zur Verfügung. Für die JPEG-Ausgabe wird diese Informationsfülle verdichtet und komprimiert. Dabei wird viel Speicherplatz eingespart, aber es gehen auch Informationen aus dem Sensor unwiederbringlich verloren. Zudem erfolgt die Umwandlung nach bestimmten Kriterien wie Bildstil, Benutzereinstellung, Motivprogramm und der kamerainternen Software. RAW wird verlustfrei komprimiert und benötigt daher deutlich mehr Platz, aber es bleiben alle Informationen erhalten. Bildstile oder Motivprogramme haben keinen Einfluss auf das Bild.

 

 Braucht man das wirklich?

Die Frage ist durchaus berechtigt. Ich habe sie für mich mit einem klaren "ja" beantwortet. Zugegeben, anfangs habe ich auch überwiegend JPEGs gemacht. Dann habe ich mit einem RAW-Konverter experimentiert und war von den erweiterten Möglichkeiten begeistert. Seitdem fotografiere ich nur noch in RAW. JPEGs lassen sich für eine schnelle Weitergabe notfalls auch noch nachträglich in der Kamera erzeugen. Das RAW-Format bietet einfach wesentlich mehr Reserven, um kritische Bildbereiche (Schatten, Lichter) zu verbessern und enthält in relativ gleichförmigen Bereichen deutlich mehr Informationen, die sich herauskitzeln lassen. Die Kamera-Software, zumindest von guten Kameras, liefert zwar meistens relativ gute Ergebnisse ab, aber gelegentlich stößt sie an Grenzen oder sie macht ihre Arbeit nicht so, wie ich mir das vorstelle. Eine Nachbearbeitung ist zwar immer möglich, aber eben nur begrenzt. Zwei Beispiele:
Bei einem kontrastarmen, wenig farbigen Himmel neigt meine Kamera dazu, den Himmel zu einem ziemlich gleichmäßigen Grau zu verarbeiten. Das lässt sich gut komprimieren, ändert aber den Bildeindruck und lässt sich nicht mehr "reparieren". Anders mit RAW. Hier sind noch Farbnuancen und Andeutungen von Wolkenstrukturen zu sehen, die sich noch etwas verstärken lassen. Das Foto wirkt insgesamt lebendiger.
Oder: wenn eine Farbe dominiert, z. B. ein blauer Himmel mit wenig Differenzen, dann kann es mit JPEG und stärkerer Nachbearbeitung hier zu Farbtreppen kommen. Ein Teil des Bildes erinnert dann an "Malen nach Zahlen". Die Anwendung von starken Filtern wie "Mittelkontrast erhöhen", "dramatische Wolken" oder "Dunst entfernen" kann zusätzlich zu Farbveränderungen führen, weil die Auflösung zu grob wird. 256 Stufen hören sich zwar zunächst gut an, aber wenn wir die Belichtung um zwei Lichtwerte verändern, bleiben schon nur noch 64 Stufen übrig. RAW bietet hier eine 64 Mal höhere Auflösung.

 

RAW-Aufnahmen benötigen mehr Speicherplatz (ungefähr 5-8 Mal mehr), aber das ist ja heute kein Problem mehr. Aufpassen müssen evtl. Sport- und Actionfotografen. Die großen Dateien brauchen natürlich mehr Zeit, um auf die Speicherkarte zu gelangen. Das kann schnelle Serienaufnahmen ausbremsen, wenn Speicherkarte und/oder Kamera nicht schnell genug sind.

Hier ein Beispiel für die unterschiedlichen Mglichkeiten, die JPEG und RAW bieten:

 

 Original

 

JPG RAW

 

Deutlich zu sehen: Das Original aus der Kamera wirkt etwas flau, die optimierte Variante hebt das Feld etwas mehr hervor und macht die Wolken etwas besser sichtbar. Mehr war nicht zu machen. Das RAW-Bild rechts holt noch einmal mehr Details heraus und bringt vor allem die Wolken deutlicher zum Vorschein. Mit einem Verlaufsfilter wäre hier sogar noch etwas mehr machbar. Ein klarer Vorteil für das RAW-Bild. Das Schöne dabei: Bei der Umwandlung des bearbeiteten RAW-Bildes in das JPEG-Format, wie es für die Darstellung hier notwendig ist, bleiben alle zusätzlichen Details erhalten.

 

RAW-Konverter

Für die "Entwicklung" von RAW-Bildern braucht man einen Konverter. Üblicherweise stellen die Kamerahersteller eigene Programme zur Verfügung, die mehr oder weniger komfortabel zu bedienen sind, aber zumindest sehr gute Bilder für ihre Kameras und Objektive erzeugen. Denn wer kennt die Sensoren besser als der Hersteller? Dafür sind die Möglichkeiten der Nachbearbeitung, Retusche und Bildverwaltung meistens sehr begrenzt. Es gibt eine Reihe von Programmen auf dem Markt, die ebenfalls sehr gute Ergebnisse liefern und überdies auch Dateien anderer Kameramarken verarbeiten. Die besseren bieten zusätzlich noch die Korrektur von Objektivfehlern wie Verzeichnung, Vignettierung oder chromatischer Aberration an. Welcher RAW-Entwickler der beste ist, ist schwer zu sagen. Im Internet findet ihr eine Vielzahl von Testberichten. Leider sind nur wenige davon wirklich hilfreich. Die meisten bewerten die Zahl der Features und die Handhabung, lassen aber den wichtigsten Aspekt außen vor: Die Bildqualität. Selbst Fachzeitschriften und Profifotografen scheinen oft davon auszugehen, dass es sich mit der RAW-Entwicklung ähnlich verhält wie mit dem Entpacken von ZIP-Dateien: Es ist egal, mit welchem Programm das geschieht, es kommt immer das selbe heraus und das entspricht genau dem Ursprung. Leider ist das bei RAW-Dateien nicht so. Die Sensordaten müssen interpoliert und interpretiert werden. Das ist bei jedem Fabrikat etwas anders und jeder Konverter benutzt dafür seine eigenen Algorithmen. Daher kommt es immer zu leicht unterschiedlichen Ergebnissen. Welches Programm am besten zu welcher Kamera passt, kann ich nicht sagen, nur soviel: Es muss nicht immer der Marktführer sein. Alle Hersteller bieten Testversionen an. Ladet sie euch herunter und probiert es aus. Achtet auch darauf, wie schon in der Grundeinstellung Schärfe, Detailwiedergabe und Farbtreue ausfallen. Weitere wichtige Punkte sind: Rauschunterdrückung, Nachschärfen, Restaurieren von sehr dunklen und sehr hellen Bereichen.


RAW-Entwickler verändern die Original-Dateien nicht, sondern speichern die vorgenommenen Anpassungen in einer Datenbank oder einer zusätzlichen Datei. Sie arbeiten also "zerstörungsfrei". Egal, wie ihr ein Bild verwurschtelt, der Urzustand lässt sich jederzeit wieder herstellen. Das geht hier übrigens auch mit JPEG, im Gegensatz zu vielen einfachen Bildbearbeitungsprogrammen.

 

Vor- und Nachteile der beiden Formate

 

Vorteile JPEG

> Einfache Handhabung

> Fertige Bilder aus der Kamera

> Auf allen gängigen Bildschirmgeräten darstellbar

> Kleine Dateien

> Einfacher Austausch

> Viele Bildbearbeitungsprogramme verfügbar

 

Nachteile JPEG

> Bildeindruck von Kameraeinstellungen und Software abhängig

> Eingeschränkte Möglichkeiten der Nachbearbeitung

> Oft reduzierter Dynamikumfang

> Verlustbehaftete kompression

 

Vorteile RAW

> Alle ursprünglichen Sensordaten nutzbar

> Maximaler Dynamikumfang

> Umfangreiche Möglichkeiten zur Nachbearbeitung

> Unabhängig von Motivprogrammen

 

Nachteile RAW

> Hoher Speicherplatzbedarf

> Eventuell reduzierte Bildrate oder Bildzahl bei Serienbildern

> RAW-Konverter erforderlich

> RAW-Formate verschiedener Hersteller untereinander nicht kompatibel

> Kann nicht überall wiedergegeben werden, Umwandlung in andere Formate notwendig